Dieses Projekt aus dem Jahr 2012 ist immer noch aktuell und verbindet das I2C-Interface eines Cypress CY22150 CyberClock PLL-Chips mit einem USB-Port. Dazu habe ich eine passende Steuersoftware mit grafischer Oberfläche zur Programmierung der PLL erstellt, die hier heruntergeladen werden kann.
Für das I2C-Interface habe ich „I2C-Tiny-USB“ benutzt, was von Till Harbaum entwickelt wurde mit verfügbaren Treibern für Linux, Windows und MacOS.
Die Steuersoftware „CyberClockControl“ ist für Linux und Windows verfügbar und möglicherweise für MacOS. Sie ist in C++ geschrieben und mit „Qt Creator“ entwickelt, einer Cross-Plattform Qt IDE von Qt Software. Der Quellcode ist hier veröffentlicht unter der „GNU General Public License“ (GPL).
Software Vorteile:
Grafische Bedienoberfläche für verschiedene Plattformen
Erzeugung von zwei verschiedenen Frequenzen mit nur einer PLL
besserer Algorithmus für die Berechnung von PB und Q als in der Software „CyberClocks“ vom Hersteller Cypress (kleinerer Q-Wert)
Veränderung und Berechnung der Chip-Register in Echtzeit
Vorkompilierte Programme sind für linux/x86_64 und win32 verfügbar. Für win32 muss der libusb Treiber aus dem Sourcecode installiert werden.
Nachtrag vom 6.11.2022:
Ich habe eine neue Version der Software zur Verfügung gestellt für linux/x86_64 und win32 mit der Änderung, dass nun die I2C-Adresse abweichend vom Standardwert 0x69 frei gesetzt werden kann. Der Grund ist, dass die Adresse beim CY22150 per Software konfigurierbar ist und die Standardeinstellungen in einem internen Flash-Speicher abgelegt sind. Somit kann es vorkommen, dass einem Chips unterkommen, die mit einer abweichenden Adresse konfiguriert sind. Leider hält Cypress den Algorithmus zum Programmieren des Flash geheim. Ebenso findet sich keinerlei Information über die Möglichkeit der Änderung der I2C-Adresse im Datenblatt. Aus Sicht eines Ingenieurs ist dieses Zurückhalten von Informationen für ein Produkt einfach nur peinlich. Und vielleicht zu Recht ist die Firma Cypress mittlerweile Geschichte. Es wäre leicht möglich, das alles mit Reverse-Engineering herauszubekommen, allein mir fehlt der Ehrgeiz. Die I2C-Adresse steht – natürlich undokumentiert – im Konfigurationsspeicher an Adresse 0x11, verodert mit 0x80. Hier kann die I2C-Adresse zur Laufzeit jederzeit geändert werden. Nach Abschaltung der Betriebsspannung wird die Adresse allerdings wieder auf den Standard zurückgesetzt.
Wer nun tatsächlich den Flash eines CY22150 ändern will, braucht zwei Dinge:
Einen „CY3672-USB“ Programmer, der allerdings neu nicht mehr erhältlich ist und
die Software „CyberClocks“, welche nach Registrierung kostenlos hier erhältlich ist.
Dies ist ein Retro-Projekt, was ich im Jahr 2014 gebaut habe. Nachdem ich im Internet nach einem schönen VU-Meter gesucht aber keins gefunden hatte, was meinen Vorstellungen entsprach, habe ich beschlossen, ein eigenes zu entwickeln. Zum Einsatz kommen zwei Röhren, EM84, die als sogenannte „Magische Augen“ in alten Radios verbaut waren. Das Projekt lieferte dann auch das Foto, was auf der Startseite dieses Blogs zu sehen ist.
Für die Röhren habe ich die günstigeren Ersatztypen 6Е3П aus Russland verwendet, die als neue Lagerware bei verschiedenen Quellen zu haben sind. Die Steuerelektronik besteht im wesentlichen aus den 4 Operationsverstärkern eines TL064, der die Funktionen Verstärkung, Logarithmierung, Spitzenwertdetektor und Addierer umsetzt. Eine N-FET Konstantstromquelle sorgt für den linearen Abfall der Anzeige. Für bessere thermische Stabilität der abgeglichenen Schaltung kann der TL064 auch durch einen LT1014 Präzisions-Op-Amp ersetzt werden.
Für eine einfache Stromversorgung aus einem 12V Steckernetzteil sind zwei Schaltregler vorhanden, die alle notwendigen Spannungen aus den 12V erzeugen. Der erste Schaltregler ist mit einem TLC555 aufgebaut und liefert die Anodenspannung von etwa 240V. Aus der Anodenspannung werden mit einer Kette von Zenerdioden vier weitere Spannungen abgeleitet, unter anderem als Stromversorgung für die Operationsverstärker. Für den zweiten Schaltregler kommt ein modernerer LM2575T-ADJ zum Einsatz, um die Heizspannung von 6,3V verlustarm zu erzeugen.
Insgesamt hat dieses Projekt Eigenschaften, die bei vergleichbaren Bauanleitungen aus dem Internet fehlen.
Insbesondere sind das:
einfache Stromversorgung mit 12V Steckernetzteil
logarithmische Anzeige
Spitzenwertdetektor
Konstantstromquelle für linearen Abfall
viele Abgleichmöglichkeiten, um unterschiedliche Röhren anzupassen
Jumper JP1 und JP2 kurzschließen und mit P4/P8 gleiche Helligkeit einstellen
Jumper wieder entfernen
Nullpunkt einstellen with P3/P7, sodass die grünen Balken gerade so verschwinden
Ein Signalgenerator ist nützlich für den Schritt, es geht aber auch ohne: Ein Signal mit maximalem Pegel anlegen und das Maximum mit P1/P5 abgleichen, sodass sich die grünen Balken gerade so berühren
Signalquelle entfernen und JP1/JP2 wieder verbinden
beide Jumper synchron entfernen und die Abfallzeit für beide Kanäle gleich einstellen mit P2/P6, diesen Schritt bei Bedarf mehrfach wiederholen
Zunächst muss ich mich erst einmal rechtfertigen vor jedem, der sich fragt: „Warum zum Teufel schreibt er so ausführlich über das Restaurieren von Kondensatoren?“.
Aus meiner Sicht sind die zwei häufigsten Probleme, die dazu führen, dass alte Geräte den Geist aufgeben in erster Linie defekte Kondensatoren sowie auf Platz zwei korrodierte Kontakte von mechanischen Bauteilen wie Schaltern, Relais oder Potentiometern. Zu letzterem schreibe ich sicher dieses Jahr noch einen Artikel. Den Kondensatoren, insbesondere den Elektrolytkondensatoren (kurz: Elko) widme ich mich hier. Mit Papierkondensatoren habe ich vor einiger Zeit ein Experiment gestartet, was aktuell noch läuft. Die anderen zwei gebräuchlichen Kondensator-Typen – Keramik- und Folienkondensatoren – sind weitaus langlebiger als die mit Papier oder Elektrolyt, weshalb ich die nur in sehr seltenen Fällen austauschen muss und hier auch nicht weiter darüber berichte.
Der Protagonist dieses Artikels ist ein 50+50µF/350V Netzteil-Elko aus einem Röhrenradio „Saalburg 5170“ vom VEB Stern-Radio Sonneberg, was ich für meinen Freund Axel Anfang 2015 repariert hatte.
Das Radio hat wohl schon seit dem Kauf gebrummt und tatsächlich haben wir einen Produktionsfehler gefunden, der nun nach 50 Jahren behoben wird. Der Kondensator war nicht korrekt gebördelt, somit ist das Elektrolyt ausgelaufen.
Aufbau von Elektrolytkondensatoren
Nun aber zum Thema. Besser als Wikipedia kann ich das nicht zusammenfassen, was man dazu wissen muss.
Der wichtigste Punkt ist, dass es sich um eine Aluminiumfolie handelt, die auf einer Seite eine dünne Oxidschicht hat. Der ganze Wickel befindet sind in einer Flüssgkeit, dem Elektrolyt. Dieses sorgt dafür, dass sich in einem elektrochemischen Prozess die Oxidschicht bildet. Notwendig ist dazu ein elektrisches Feld bzw. eine Spannung. Den Prozess des Aufbaus der Oxidschicht nennt man formieren. Wichtig ist noch der Begriff Leckstrom, was den Strom bezeichnet, der durch diese Oxidschicht sozusagen durchgeht. Je niedriger der Leckstrom, umso besser. Je höher der Strom, umso mehr Verlustleistung haben wir im Kondensator, was zu Wärmeentwicklung und im Extremfall bis hin zur Explosion führen kann.
Defekte
Die drei häufigsten Defekte sind:
Abbau der Oxidschicht nach langer Zeit ohne Betrieb
Auslaufen des Elektrolyts bzw. Austrocknen
Kurzschluss bzw. Durchschlag
Bei Punkt 1 kann man den Kondensator neu formieren. Bei den Punkten zwei und drei ist das Bauteil verloren. Man kann aber das Gehäuse retten und das Innenleben durch einen Kondensator aktueller Bauart ersetzen. So ist es zumindest möglich, den äußeren Anschein und die Funktion zu bewahren, was für Restaurierungen ein wichtiger Punkt ist.
Elko öffnen und Innenleben austauschen
Diesen Prozess stelle ich hier als kleine Bildgeschichte dar. Tatsächlich war der Elko innen staubtrocken wie vermutet. Als Sicherheitshinweis möchte ich mitgeben, dass für die Arbeiten Handschuhe und ein Atemschutz getragen werden sollten. Normalerweise sind die Elektrolyte aus Standard-Elkos ungiftig, ob in den 50er und 60er Jahren aber wirklich Wert auf Ungiftigkeit gelegt wurde, wage ich zu bezweifeln.
Elko neu formieren
Generell sollte man Geräte mit Netzanschluss, die sehr lange nicht eingeschaltet waren, nicht so einfach wieder in Betrieb nehmen. Häufig verursacht der Netzteil-Elko dann einen Kurzschluss, was zu diversen Folgefehlern führt. Der Elko muss neu formiert werden, wozu es zwei grundsätzliche Möglichkeiten gibt. Man kann das im Gerät machen oder aber den Kondensator ausbauen.
Neu formieren im Gerät
Falls jemand das hier beschriebene Verfahren selbst anwendet, dann ausdrücklich auf eigene Gefahr. Ich habe das bereits mehrfach mit Erfolg gemacht, was aber nicht heißt, dass es immer klappt. Das Verfahren ist einfach und baut darauf, dass alte Geräte recht robust sind und ein kurzzeitiger Kurzschluss dem Netzteil nicht schadet. Jeden Tag wird ein wenig länger eingeschaltet. Danach gibt es eine Ruhepause, in der sich die Oxidschicht im Elko wieder aufbauen kann
Tag 1: Einschalten für 5s
Tage 2-3: Einschalten für je 10s
Tage 4-7: Einschalten für je 20s
ab Tag 8: jeden Tag die Zeit verdoppeln
Bei sehr alten Geräten, also älter als 50 Jahre und für besonders vorsichtiges Vorgehen, muss die Phase Tage 2-3 auf deutlich mehr Tage ausgedehnt werden, ich würde bis zu 2 Wochen vorschlagen.
Neu formieren mit Hochspannungsnetzteil
Meine bevorzugte Methode ist die Formierung mit einem Hochspannungsnetzteil mit Strombegrenzung. Das ist eine sehr sichere Methode, wenn man den Leckstrom überwacht und die Spannung entsprechend langsam erhöht. Die Dauer des Prozesses geht von wenigen Stunden bis zu mehreren Wochen. Das hängt ganz von Alter und Bauart des Kondensators ab. Die Spannung wird langsam erhöht während darauf geachtet wird, dass der maximale Leckstrom nicht überschritten wird.
Meine Richtwerte für den maximalen Leckstrom sind:
50µA pro µF bei 350V Kondensatoren
100µA pro µF für 500V Typen
Bei Kondensatoren, die aus den 40er oder frühen 50er Jahren sind, kann der Leckstrom auch bis zum dreifachen Wert gehen. Wichtig ist, dass sich irgendwann ein stabiler Wert einstellt.
Natürlich steht ein Hochspannungsnetzteil und ein Strommesser mit 1mA Messbereich nicht jedem zur Verfügung. Hier habe ich eine Anleitung gefunden, wie es auch einfacher geht:
Kürzlich wollte mein Vater seine komplette Fotoausrüstung weggeben, die sich in den letzten 50 Jahren so angesammelt hatte. Zum Glück konnte ich noch rechtzeitig intervenieren und nun werden einige Dinge davon noch etwas länger in der Familie verbleiben. „Komplette Fotoausrüstung“ klingt jetzt nach einer Menge Kram, war aber nur ein nicht ganz voller Jute-Einkaufsbeutel mit drei Kameras, ebenso vielen Blitzgeräten, allerlei Objektiven, zwei Belichtungsmessern, Zwischenringen, etc. pp. Alles ist nach langer Benutzung in einem Zustand, der mal wieder etwas Aufmerksamkeit erfordert.
Als erstes habe ich etwas einfaches gewählt und mir eines der drei Blitzgeräte vorgenommen, ein „Elgawa N128“.
Ganz wichtig für alle, die alte Geräte wieder rauskramen und in Betrieb nehmen wollen: NIEMALS ein altes Gerät, das 10-20 Jahre oder länger nicht in Betrieb war einfach wieder einschalten. Mit ziemlicher Sicherheit wird der Sieb-Elko im Netzteil degeneriert sein und zu einem Kurzschluss führen. Mit anderen Worten, nach kurzer Zeit verabschiedet sich der Elko mit einem Knall und es gibt viel Arbeit für den Restaurator. Das gilt natürlich in erster Linie für Geräte mit Netzanschluss.
Also habe ich das Gerät erst mal geöffnet.
Das Innenleben ist übersichtlich mit wenigen Bauteilen.
Die meisten Bauteile sind Baujahr 1983, der Blitz selbst vom 17.5.1984.
Den Elko habe ich ausgelötet und neu formiert. Dem Thema Elektrolytkondensatoren restaurieren und neu formieren habe ich einen eigenen ausführlichen Beitrag gewidmet. Hier nur so viel zum Thema: Ohne Spannung baut sich die Oxidschicht im Elko langsam ab. Der Prozess ist reversibel, sofern wieder ein elektrisches Feld anliegt. Da der Wiederaufbau der Oxidschicht ein elektrochemischer Prozess ist, braucht das einige Zeit. Ich mache das mit einem kurzschlussfesten Hochspannungsnetzteil und kontrolliere den Leckstrom durch den Elko während ich schrittweise die Spannung erhöhe. Nach einigen Stunden oder Tagen ist der Elko wieder einsatzbereit. In diesem Fall hat es nur ca. 4 Stunden gedauert, bis sich bei Nennspannung von 350V ein Leckstrom von unter 400µA eingestellt hatte, ein exzellenter Wert.
In der Zwischenzeit habe ich mir die Platine genauer angeguckt. Offensichtlich war das eine Fehlproduktion, die manuell korrigiert wurde. Ein Leiterzug wurde ausgebohrt und eine Drahtbrücke eingebaut. Heutzutage wäre das Elektroschrott. Interessant ist noch die Sicherung. Zwischen den zwei Lötstellen links unten ist ein sehr dünner Draht als Schmelzsicherung eingebaut. Das ist günstig, nur leider sehr berührungsempfindlich. Prompt habe ich den Draht beim Reinigen kaputt gemacht und musste ihn auf einer Seite mit einem kleinen Stück verlängern und wieder anlöten.
Das Schaltbild habe ich während der Wartezeit auf den neu formierten Elko dann auch noch nachgezeichnet, für den interessierten Elektroniker. Interessant finde ich, dass die freiliegenden Auslösekontakte über zwei 2,2 Megaohm Widerstände direkt mit der Netzspannung verbunden sind, also ohne galvanische Trennung. Das würde man heute sicher auch anders lösen.
Nach dem Zusammenbau am Ende hat alles wieder wunderbar funktioniert. Der Blitz ist weitaus leistungsfähiger als alles, was in Kameras eingebaut ist. Der ordentlich große Kondensator wird ohne Strombegrenzung über die Blitzröhre entladen. Das gibt jedes mal einen richtigen Knall, den ich noch aus meiner Kindheit kenne und leuchtet Räume locker bis in 9m Entfernung aus. Der Vorwiderstand 180 Ohm / 5 Watt muss während des Ladevorganges kurzzeitig knapp 300W verkraften und gibt dann immer ein winziges Rauchwölkchen ab. Das ist nicht bedrohlich und insgesamt ist das Gerät recht robust mit dem Nachteil, dass es immer an einer Steckdose aufgeladen werden muss nach jedem einzelnen Blitz.
Update 24.05.2023
Der letztgenannte Nachteil konnte mit einem Zusatzgerät umgangen werden, dem Inverter BZG1, welcher ebenfalls vom VEB Elgawa Plauen (Vogtl.) produziert wurde. Dieses tragbare Gerät hat aus 4 Monozellen die 220V zum Laden des Blitzes erzeugt. Ein freundlicher Leser hat mir das von einem Original abgenommene Schaltbild zukommen lassen, vielen Dank dafür.
Als erstes muss ich kurz vorwarnen: Dieser Beitrag ist etwas länger als üblich aber so ist das mit einem Hobby. Man hat einen Plan, lernt mittendrin Neues und erweitert ein Projekt Stück für Stück. Es geht beim Hobby nicht um Effizienz, sondern darum, etwas „schön“ zu machen und am Ende zufrieden zu sein. Da kommen schnell ein paar zusätzliche Wochenenden Bastelei zusammen für etwas, was eigentlich nur ein paar Stunden dauern sollte…
Aus dem geplanten Test der O7S1 hatten sich im Laufe der Zeit auch noch diese Punkte ergeben:
Sägezahngenerator, Versuchsaufbau und Simulation mit PSpice
Verstärker für X- und Y-Ablenkung mit Doppeltriode 6N2P
Gesamtschaltung für ein Mini-Oszilloskop
Aber jetzt geht’s los mit dem Artikel.
Kürzlich habe ich ein altes Oszilloskop „Picoskop“ neu aufgebaut. Neben einigen anderen Dingen fehlte auch die Kathodenstrahlröhre. Im Originalgerät ist eine B7S1 vom VEB Funkwerk Erfurt (Teil des RFT) verbaut. Die Bezeichner solcher Röhren sind meist so wie in diesem Fall zusammengesetzt: Ein Buchstabe gefolgt von der Bildschirmdiagonale und der genaueren Bezeichnung. In dem Fall steht B7S1 wahrscheinlich für Bildröhre, 7cm Diagonale, System 1. Nach kurzer Internet-Recherche zu diesem Ersatzteil habe ich zwar keine B7S1 gefunden, dafür aber eine O7S1 für einen relativ günstigen Preis. Eine weitere Recherche in meinem Röhren-Codex von 1948
und bei radiomuseum.org ergab, dass eine O7S1 ein Bildröhrenmodell von Telefunken aus der Zeit vor 1945 ist. Es hat die gleiche Heizspannung und scheinbar auch die gleiche Sockelbeschaltung wie eine B7S1. Weitere Daten zur O7S1 waren nicht verfügbar. Leider enthält mein Röhren-Taschenbuch von 1958 aus dem Fachbuchverlag Leipzig die B7S1 noch nicht.
Mich hat aber die Ähnlichkeit zwischen beiden Röhren zu der Annahme verleitet, dass die B7S1 von RFT aus den 50er Jahren ein kompatibler Nachbau der Telefunken-Röhre aus den 40er Jahren ist. Also habe ich sie kurzerhand gekauft und nach wenigen Tagen ist die Röhre unbeschadet bei mir angekommen. Der erste Anblick war gut. Äußerlich und mechanisch war anscheinend alles in Ordnung, die Kontakte waren ewig nicht in einem Sockel. Das erkennt man recht einfach mit der Lupe an korrodierten aber nicht zerkratzten Kontakten. Auch das Telefunken-Logo und die Bezeichnung sind noch schräg gegen das Licht gehalten, ganz gut zu sehen. Die silberne Aufschrift O7S1 ist aus der Neuzeit mit einem dieser Spezialstifte aufgebracht.
Auf dem Sockel selbst war der originale Aufdruck V II / RÖ 19 zu finden. Mir kam kurz der Gedanke, ob es sich eventuell nicht um römisch sieben, sondern um V römisch zwei bzw. V2 handelt. Wahrscheinlich bedeutet es aber Baugruppe 7 / Röhre 19. Falls irgend jemand weiß, um welches Gerät es sich handeln könnte, bitte ich unbedingt um eine Nachricht.
Da ich noch ein originalen Picoskop EO1/7 besitze, konnte ich die Röhre dort einsetzen und einen schnellen Test machen. Aber alles bleib dunkel. Trotzdem habe ich dem Online-Händler zunächst keine schlechte Bewertung gegeben, sondern habe eine Testschaltung aufgebaut. Sehr geholfen hat mir dabei die Seite von Burkhard Kainka, auf der neben vielen Grundlagen sowie kleinen und großen Bastelprojekten auch eine Testschaltung für ein Mini-Oszilloskop veröffentlicht ist. An dieser Stelle ein großer Dank von mir an den Betreiber der Seite für die Arbeit, das alles zu veröffentlichen.
Zurück zur Testschaltung: Während des Aufbaus wurde schnell klar, dass die Sockel der beiden Röhren B7S1 und O7S1 um 180° gedreht sind und nach kurzer Zeit konnte ich feststellen, dass die Röhre grundsätzlich funktioniert.
Was nun folgte waren einige Wochenenden Bastelei. Als erstes habe ich herausgefunden, dass Gitter 1 keine Funktion mehr hat. Damit ist keine direkte Helligkeitsregelung mehr möglich. Das ist nicht so sehr problematisch, da man die Helligkeit auch mit der Anodenspannung regulieren kann. Möglicherweise ist damit aber auch der Focus beeinträchtigt und wahrscheinlich hat die Röhre nicht mehr die Performanz wie im Originalzustand. Trotzdem habe ich versucht, die bestmögliche Schaltung zu entwickeln. Grundlage war wie oben beschrieben die Testschaltung von Burkhard Kainka.
Als erstes habe ich versucht, die X-Ablenkung zu verbessern. Ideal ist ein Sägezahngenerator, der einen linearen Spannungsanstieg und sehr schnellen Abfall hat. Die originale Kippschaltung mit einer Glimmlampe liefert allerdings einen exponentiellen Spannungsverlauf. Man sieht das sehr deutlich auch in dem Oszillogramm im Artikel von Burkhard Kainka, die Kurve ist rechts gestaucht. Meine Idee sollte ebenso einfach aber etwas besser sein und schließlich habe ich mit einem Sägezahngenerator mit einen Unijunction-Transistor (UJT) experimentiert, dessen Grundschaltung recht simpel ist.
Am Emitter kann ein Sägezahn abgenommen werden, der schon etwas linearer ist, als eine Kippschaltung mit Glimmlampen. Natürlich handelt es sich wieder um die Ladekurve eines Kondensators bzw. eine e-Funktion. Allerdings bewegen wir uns hier nur im unteren Bereich. Eine Simulation mit PSpice zeigt das Erwartete, einen nicht ganz linearen Anstieg.
Da die Frequenz veränderlich sein sollte, habe ich in die Schaltung einen Widerstand eingefügt, der während der Simulation über einen Parameter verändert wird. Mit PSpice geht das so, dass man einen globalen Parameter auf dem Arbeitsblatt platziert, in dem Fall V_POT. Es werden dann mehrere Simulationen durchlaufen und dieser Parameter verändert. Ich habe Schritte von 0.2 zwischen null und eins gewählt. Über C2 und R4 wird die Belastung des Generators dargestellt.
Auch hier ergab die Simulation keine Überraschungen. Allerdings war es recht schwierig, die Konvergenzprobleme mit PSpice in den Griff zu bekommen. Das ist gerade bei der Simulation von Oszillatoren problematisch und man muss mit einigen Simulationsparametern experimentieren, bis alles fehlerfrei bis zum Ende läuft.
Die Frequenz ist in weiten Grenzen regelbar, wir haben jetzt einen prima Sägezahngenerator für die X-Ablenkung.
Und noch ein Ausschnitt der ersten halben Millisekunde.
Am Ende habe ich ein Oszillogramm des aufgebauten Sägezahngenerators gemacht bei minimaler Frequenz, es sollte also wie die grüne Kurve aussehen. Und voila es sieht ziemlich ähnlich aus. Die Amplitude ist etwas höher und die Frequenz etwas niedriger. Ich schiebe das mal auf die Bauteiltoleranzen.
Die Empfindlichkeit der O7S1 ist eher mäßig. Der genaue Wert ist mir nicht bekannt. Meine Tests haben etwa 50V/cm für die X- und 40V/cm für die Y-Ablenkung ergeben. Damit war die nächste Aufgabe zu lösen, das Signal um den Faktor 25 bis 30 zu verstärken. Stilecht habe ich eine Triode gewählt. Die Hochspannung ist für die Bildröhre ohnehin vorhanden womit der Einsatz einer weiteren Röhre keinen großen Zusatzaufwand bedeutet. Als Triode mit hoher Verstärkung bietet sich eine ECC83 an. Wegen des hohen Preises der ECC83 habe ich die sehr ähnliche 6N2P bzw. 6H2П gewählt, die heute noch in Russland gefertigt wird. Als Schaltung kommt eine Standard-Verstärkerschaltung für Trioden zum Einsatz. Hier der Ausschnitt aus dem Gesamtschaltbild des Mini-Oszilloskops.
Das zweite System der Doppeltriode wurde für den Y-Verstärker verwendet, der identisch zum X-Verstärker aufgebaut ist. Die Ablenkplatten müssen zum Teil ein höheres Potential als die Anode haben, um den X- und Y-Ursprung über den gesamten sichtbaren Bereich verschieben zu können. Diese Funktion wird durch einige Spannungsteiler und Potentiometer (R9 bis R19 und P2/P3) realisiert. Mit Potentiometer P4 wird der Focus eingestellt. Damit war das Mini-Oszilloskop dann einigermaßen gut funktionsfähig und ich zufrieden.
Zum Schluss noch das gesamte Schaltbild, eine Fotogalerie und ein kurzes Video.
Sinus- Rechteck- und Dreieck-Signale ca. 2kHz aus meinem Funktionsgenerator.
Die Röhren glühen.
So sieht das ganze live aus, gespeist vom Funktionsgenerator.