Dieser Gruppe habe ich alle Artikel zugeordnet, die irgendwas mit Laborausrüstung zu tun haben. Mir macht am meisten Spaß, die Geräte selbst zu bauen, die ich für bestimmte Aufgaben brauche. Das fing schon früh an mit Stromversorgungsgeräten, Funktionsgenerator, Frequenzzähler, jeder Menge Programmern, UV-Löschgerät, AM/FM-Modulator usw. usf. Die Meisterstücke sind das Rubidium Frequenznormal und ein Hochspannungs-Labornetzteil für Röhrenexperimente. Letzteres habe ich leider bis heute nicht dokumentiert. In der Warteschlange und das bei weitem ambitionierteste Projekt ist eine 1ppm Spannungsreferenz. Ob ich das aber jemals hinbekomme ist ungewiss.
Im Jahr 2009 tauchte ein Verkäufer aus China bei ebay.com auf, der eine größere Menge „Efratom LPRO-101 Rubidium time base“ gebraucht, ca. 10 Jahre alt angeboten hat. Der günstige Preis von etwa 40 US$ und der Fakt, dass man im Labor eine gute Zeitbasis für einige Geräte benötigt, haben mich nicht lange zögern lassen, ein solches Modul zu bestellen. Mittlerweile hat sich der Preis übrigens verfünffacht. Nachdem es angekommen war, habe ich angefangen, eine Schaltung rund um das Modul zu entwickeln, um andere Messgeräte mit einem stabilen Takt zu versorgen.
Dieses Projekt nutzt einen 10MHz Rubidium Frequenzstandard als Zeitbasis. Mehrere Ausgänge mit unterschiedlichen Pegeln können für verschiedene Messgeräte oder Testaufbauten genutzt werden. Eine eingebaute Cypress CY22150 CyberClock PLL nutzt die 10MHz Referenz und stellt 6 TTL-Ausgänge mit 2,5V und 3,3V Pegel bereit. Diese können dann nahezu jede beliebige Frequenz zwischen ca. 100kHz und 200MHz liefern. Die PLL wird von dem eingebauten Atmel ATMEGA644 programmiert.
Zusätzlich gibt es einen USB-Port, über welchen die PLL alternativ programmiert werden kann mit der Software aus dem Projekt „CyberClock CY22150 mit USB und Steuersoftware“. Für den USB zu I2C Adapter habe ich auch hier „I2C-Tiny-USB“ verwendet, entwickelt von Till Harbaum mit verfügbaren Treibern für Linux, Windows und MacOS. Auf der Homepage von I2C-Tiny-USB kann auch die Firmware für den ATTINY45 Controller gefunden werden.
Das Gerät verfügt über eine numerische Tastatur, vier Hotkeys und einen Drehencoder für eine menügeführte Bedienung. Ein LCD-Display zeigt die aktuellen Ausgangsfrequenzen und den Status an. Die Temperaturen von Gehäuse und Kühlkörper werden durch 1-Wire Temperatursensoren DS18B20 überwacht. Drei LEDs signalisieren Betriebszustand, Warnungen und Fehler.
Der Gerätestatus wird fortlaufend in einem FRAM RAMTRON FM24CL04 gespeichert. Der letzte Status wird automatisch beim Einschalten wiederhergestellt. Es können bis zu 8 Setups gespeichert und wieder abgerufen werden.
Die Firmware für den integrierten Mikrocontroller ATMEGA644 ist für die Übersetzung mit avr-gcc in C geschrieben. Sie wurde mit „AVR Studio 4.15“, entwickelt, einer Entwicklungsumgebung für 8 Bit AVR-Controller von Atmel. Der Quellcode steht unter der „GNU General Public License (GPL)“ frei zur Verfügung und kann hier heruntergeladen werden.
Möglicherweise muss der Code angepasst werden für die aktuelle Version „Atmel Studio 7“. Die alten Entwicklungsumgebungen von Atmel sind aber immer noch hier verfügbar.
Projektbesonderheiten
qualitativ hochwertige Bauteile für beste Performanz
sehr geringe Verzerrungen
geringer Jitter
phasengleiche Ausgänge für die gleichen Typen
Gerätestatus wird in FRAM gespeichert und beim Einschalten wiederhergestellt
nichtflüchtiger Speicher für 8 Setups
Programmierung der PLL über ein USB-Interface vom PC aus
Grafische Bedienoberfläche für verschiedene Plattformen
Dieses Projekt aus dem Jahr 2012 ist immer noch aktuell und verbindet das I2C-Interface eines Cypress CY22150 CyberClock PLL-Chips mit einem USB-Port. Dazu habe ich eine passende Steuersoftware mit grafischer Oberfläche zur Programmierung der PLL erstellt, die hier heruntergeladen werden kann.
Für das I2C-Interface habe ich „I2C-Tiny-USB“ benutzt, was von Till Harbaum entwickelt wurde mit verfügbaren Treibern für Linux, Windows und MacOS.
Die Steuersoftware „CyberClockControl“ ist für Linux und Windows verfügbar und möglicherweise für MacOS. Sie ist in C++ geschrieben und mit „Qt Creator“ entwickelt, einer Cross-Plattform Qt IDE von Qt Software. Der Quellcode ist hier veröffentlicht unter der „GNU General Public License“ (GPL).
Software Vorteile:
Grafische Bedienoberfläche für verschiedene Plattformen
Erzeugung von zwei verschiedenen Frequenzen mit nur einer PLL
besserer Algorithmus für die Berechnung von PB und Q als in der Software „CyberClocks“ vom Hersteller Cypress (kleinerer Q-Wert)
Veränderung und Berechnung der Chip-Register in Echtzeit
Vorkompilierte Programme sind für linux/x86_64 und win32 verfügbar. Für win32 muss der libusb Treiber aus dem Sourcecode installiert werden.
Nachtrag vom 6.11.2022:
Ich habe eine neue Version der Software zur Verfügung gestellt für linux/x86_64 und win32 mit der Änderung, dass nun die I2C-Adresse abweichend vom Standardwert 0x69 frei gesetzt werden kann. Der Grund ist, dass die Adresse beim CY22150 per Software konfigurierbar ist und die Standardeinstellungen in einem internen Flash-Speicher abgelegt sind. Somit kann es vorkommen, dass einem Chips unterkommen, die mit einer abweichenden Adresse konfiguriert sind. Leider hält Cypress den Algorithmus zum Programmieren des Flash geheim. Ebenso findet sich keinerlei Information über die Möglichkeit der Änderung der I2C-Adresse im Datenblatt. Aus Sicht eines Ingenieurs ist dieses Zurückhalten von Informationen für ein Produkt einfach nur peinlich. Und vielleicht zu Recht ist die Firma Cypress mittlerweile Geschichte. Es wäre leicht möglich, das alles mit Reverse-Engineering herauszubekommen, allein mir fehlt der Ehrgeiz. Die I2C-Adresse steht – natürlich undokumentiert – im Konfigurationsspeicher an Adresse 0x11, verodert mit 0x80. Hier kann die I2C-Adresse zur Laufzeit jederzeit geändert werden. Nach Abschaltung der Betriebsspannung wird die Adresse allerdings wieder auf den Standard zurückgesetzt.
Wer nun tatsächlich den Flash eines CY22150 ändern will, braucht zwei Dinge:
Einen „CY3672-USB“ Programmer, der allerdings neu nicht mehr erhältlich ist und
die Software „CyberClocks“, welche nach Registrierung kostenlos hier erhältlich ist.
Ein kleines Oszilloskop, ein Picoskop EO1/7 befindet sich seit langem in meinem Besitz. Als ich es vor vielleicht 20 Jahren aus nostalgischen Gründen für wenig Geld gekauft hatte, bekam ich ein extra Chassis als Ersatzteilspender dazu. Dieses Chassis war verrostet, verbogen, einige Teile fehlten oder waren zerbrochen. Natürlich war auch keine Röhre mehr vorhanden.
Bei einer Aufräumaktion dieses Frühjahr sollte dieses Chassis eigentlich in den Schrott wandern. Bevor ich das übers Herz brachte, machte ich noch mal eine Bestandsaufnahme:
Alle Röhren incl. der Bildröhre fehlen
Selen-Gleichrichter fehlen
keine Frontplatte und kein Gehäuse
Rost und Schmutz an allen Teilen
Potentiometer mit Netzschalter, Mechanik verbogen, Bakelit-Schaltergehäuse gebrochen
Potentiometer hintere Abdeckung fehlt
Sicherungshalter unvollständig
MP-Kondensator ein Anschluss ausgebrochen, Öl läuft aus
Kabelbäume teilweise mit roher Gewalt entfernt
ein Keramik-Röhrensockel gebrochen
zwei Widerstände zerstört
wenige Kondensatoren fehlen
Aber der Netztrafo, die Siebdrossel und ein kleinerer Hochspannungstrafo waren anscheinend noch intakt. Außerdem waren beide Drehschalter für X und Y in Ordnung. Das sind doch ganz gute Voraussetzungen für einen Neuaufbau dachte ich mir. Leider habe ich kein Foto vom Urzustand gemacht. Es sah wirklich aus wie ein Haufen Schrott.
Der Anfang
Als erstes habe ich das Gerät so weit es geht auseinandergebaut, vernünftig gereinigt und teilweise entrostet. Den Netztrafo habe ich nach dem Entrosten mit einem Alkydharzlack versiegelt. Grundsätzlich sollte man dafür einen Hochspannungsisolierlack verwenden. Da dieser privat aber nicht so einfach zu bekommen ist, tut es auch z.B. ein guter farbloser Bootslack wie in meinem Fall.
Im nächsten Schritt ging es an die Reparatur der defekten Bauteile. Der undichte MP-Kondensator bekam eine neue Anschlussfahne, zum Glück guckte noch ein kleines Stück vom alten Anschluss heraus. Danach wurde der gründlich entfettete Anschluss mit Epoxidharz abgedichtet.
Mit Epoxidharz habe ich auch den Zerbrochenen Röhrensockel geklebt. Im Bild ist das hinter einem der zwei ersetzten Widerstände zu erkennen.
Wichtig ist, dass man zum Kleben das „normale“ Epoxidharz verwendet. Das sind Harz und Härter, die man meist im Verhältnis 100:60 bis 100:40 mischen muss. Die Aushärtezeit beträgt 24 bis 48 Stunden. Es gibt auch allerlei schnell aushärtende Klebstoffe auf Epoxidharz-Basis. Nach meiner Erfahrung haften diese aber gerade auf Keramik und Bakelit längst nicht so gut.
Bakelit ist das Stichwort für die nächste Reparatur, das Potentiometer mit dem Netzschalter. Hier konnte ich die Mechanik wieder richten. Zum Glück waren alle Bruchstücke des Schaltergehäuses vorhanden. Bakelit lässt sich ebenfalls hervorragend mit dünnflüssigem Epoxidharz kleben. Die Klebestelle ist danach meist stabiler als der Rest. Nach einer Reinigung, Schmierung und Kontaktpflege mit Neo-Ballistol funktioniert das Poti wieder wie neu.
Zuletzt habe ich noch eine neue hintere Abdeckung für das zweite defekte Poti hergestellt. Im Gegensatz zum Original habe ich das aus Aluminium anstatt Stahlblech gefertigt. Dank meiner Elektromechaniker Ausbildung in den 80er Jahren kann ich solche Arbeiten relativ präzise ausführen.
Damit waren die Bauteile gerettet, die zu retten waren. Die Funktion der zwei defekten Potis ist vollständig wiederhergestellt und wegen der vermutlich besseren Schmierung ist die erwartete Lebensdauer evtl. auch größer als beim Original.
Ersatzteile
Einige Ersatzteile musste ich bestellen. Der Sicherungshalter ist ein Standard-Modell aus der DDR und noch relativ einfach im Internet zu finden. Von den Röhren ECF82 habe ich einen Posten mit 8 Stück sehr gut erhaltene Exemplare von Telam zu einem guten Preis erstehen können. Mir war wichtig, dass alle Röhren ein Fabrikat sind. Das ist denke ich eine gute Idee für Messtechnik.
Etwas schwieriger war es, eine günstige Bildröhre, die B7S1 zu bekommen. Die angebotenen Exemplare waren mir zu teuer und das bei ungewisser Funktion. Zufällig bin ich auf eine O7S1 gestoßen, habe Sockelschema und Kennwerte verglichen und war der Meinung, dass die O7S1 ein direkter Vorläufer der B7S1 ist aus der Zeit vor 1945. Am Ende musste ich feststellen, dass dem nicht so ist. Der Sockel ist um 180° gedreht, die Kathode ist nicht einzeln herausgeführt und die drei Gitter haben auch etwas andere Funktionen. Den Test dieser Röhre habe ich in einem separaten Blogpost beschrieben. Am Ende musste ich also dann doch noch eine B7S1 suchen und habe mit etwas Glück ein neues und Original verpacktes Exemplar gefunden, sogar der Garantieschein war noch dabei.
Wiederaufbau
Zunächst habe ich mich der Stromversorgung gewidmet. Auch um als erstes zu testen, ob alles mit den schwer reparierbaren Trafos in Ordnung ist. Leider fehlten die Selengleichrichter und ich habe diese zwei Zweiwege-Gleichrichter dann durch vier Dioden 1N4007 in Brückenschaltung ersetzen müssen.
Außerdem fehlte der Kabelbaum des Netzteils komplett. Ich habe ihn wieder ziemlich original aufgebaut. Allerdings wurde statt des doppelt umsponnenen Drahtes eine moderne Alternative mit ETFE-Isolierung verwendet. Dieser Verdrahtungsvariante habe ich einen ganzen Blogpost „Kabelbaum binden“ gewidmet. Von den zwei Elkos im Netzteil war ein axialer 10µF/350V wegen eines direkt am Gehäuse abgebrochenen Anschlusses nicht mehr zu retten. An dessen Stelle verrichtet jetzt eine moderne radiale Variante mit 450V Spannungsfestigkeit ihren Dienst.
Den 50µF/350V Becherelko habe ich binnen zwei Wochen neu formiert. Das hat wunderbar geklappt, bei Nennspannung hatte er am Ende nur noch 80µA Leckstrom. Dem Formieren von Elkos habe ich einen ganzen Beitrag gewidmet.
Den ersten Test des Netzteils habe ich leider ohne Last gemacht. Deswegen und wegen des geringeren Spannungsabfalls der neuen Gleichrichterbrücke aus Siliziumdioden hatte die Anodenspannung im Leerlauf etwa das doppelte vom Nennwert. Es machte kurz puff und der aufwändig formierte Becherelko war Geschichte, wirklich schade. Immerhin habe ich so gelernt, dass man Netzteile von Röhrengeräten nie ohne Last testen sollte und wie man einen Becherelko restauriert bzw. wie man darin einen modernen Kondensator versteckt. Auch dazu gibt es demnächst hier einen Beitrag. Nach dieser Reparatur war das Netzteil komplett und funktionierte perfekt.
Im nächsten Schritt wurde die sonstige Verkabelung im Gerät wiederhergestellt. Außerdem mussten insgesamt zwei defekte Widerstände ersetzt werden.
Sämtliche Papierkondensatoren habe ich aus Sicherheitsgründen ausgetauscht und durch Folienkondensatoren ersetzt. Ich hatte Glück und konnte meine Vorräte dank Markus aus Hamburg auffüllen, der viele verschiedene Werte bei „Kleinanzeigen“ anbietet. Die grundsätzlich noch funktionierenden Papierkondensatoren taten mir dann aber doch zu leid, um diese wegzuwerfen, nur weil sie einen etwas zu hohen Leckstrom haben. Meinen Versuch, sie wieder fit zu machen, habe ich im Beitrag „Papierkondensatoren restaurieren“ dokumentiert. Das ist sicher besser als ein Austausch, da die Schaltungen zum Teil für diese höheren Leckströme ausgelegt sind.
Schließlich habe ich nur noch die vier ECF82 Röhren sowie die Bildröhre eingesetzt und voila, alles funktionierte auf Anhieb tadellos. Jetzt fehlen noch Frontplatte und Gehäuse und am Ende soll die Bildröhre dann mal die Uhrzeit in analoger Form darstellen. Aber das ist ein neues Projekt.