Blitzgerät Elgawa N128 Restaurierung

Kürzlich wollte mein Vater seine komplette Fotoausrüstung weggeben, die sich in den letzten 50 Jahren so angesammelt hatte. Zum Glück konnte ich noch rechtzeitig intervenieren und nun werden einige Dinge davon noch etwas länger in der Familie verbleiben. „Komplette Fotoausrüstung“ klingt jetzt nach einer Menge Kram, war aber nur ein nicht ganz voller Jute-Einkaufsbeutel mit drei Kameras, ebenso vielen Blitzgeräten, allerlei Objektiven, zwei Belichtungsmessern, Zwischenringen, etc. pp. Alles ist nach langer Benutzung in einem Zustand, der mal wieder etwas Aufmerksamkeit erfordert.

Als erstes habe ich etwas einfaches gewählt und mir eines der drei Blitzgeräte vorgenommen, ein „Elgawa N128“.

Ganz wichtig für alle, die alte Geräte wieder rauskramen und in Betrieb nehmen wollen: NIEMALS ein altes Gerät, das 10-20 Jahre oder länger nicht in Betrieb war einfach wieder einschalten. Mit ziemlicher Sicherheit wird der Sieb-Elko im Netzteil degeneriert sein und zu einem Kurzschluss führen. Mit anderen Worten, nach kurzer Zeit verabschiedet sich der Elko mit einem Knall und es gibt viel Arbeit für den Restaurator. Das gilt natürlich in erster Linie für Geräte mit Netzanschluss.

Also habe ich das Gerät erst mal geöffnet.

Das Innenleben ist übersichtlich mit wenigen Bauteilen.

Die meisten Bauteile sind Baujahr 1983, der Blitz selbst vom 17.5.1984.

Den Elko habe ich ausgelötet und neu formiert. Dem Thema Elektrolytkondensatoren restaurieren und neu formieren habe ich einen eigenen ausführlichen Beitrag gewidmet. Hier nur so viel zum Thema: Ohne Spannung baut sich die Oxidschicht im Elko langsam ab. Der Prozess ist reversibel, sofern wieder ein elektrisches Feld anliegt. Da der Wiederaufbau der Oxidschicht ein elektrochemischer Prozess ist, braucht das einige Zeit. Ich mache das mit einem kurzschlussfesten Hochspannungsnetzteil und kontrolliere den Leckstrom durch den Elko während ich schrittweise die Spannung erhöhe. Nach einigen Stunden oder Tagen ist der Elko wieder einsatzbereit. In diesem Fall hat es nur ca. 4 Stunden gedauert, bis sich bei Nennspannung von 350V ein Leckstrom von unter 400µA eingestellt hatte, ein exzellenter Wert.

In der Zwischenzeit habe ich mir die Platine genauer angeguckt. Offensichtlich war das eine Fehlproduktion, die manuell korrigiert wurde. Ein Leiterzug wurde ausgebohrt und eine Drahtbrücke eingebaut. Heutzutage wäre das Elektroschrott. Interessant ist noch die Sicherung. Zwischen den zwei Lötstellen links unten ist ein sehr dünner Draht als Schmelzsicherung eingebaut. Das ist günstig, nur leider sehr berührungsempfindlich. Prompt habe ich den Draht beim Reinigen kaputt gemacht und musste ihn auf einer Seite mit einem kleinen Stück verlängern und wieder anlöten.

Das Schaltbild habe ich während der Wartezeit auf den neu formierten Elko dann auch noch nachgezeichnet, für den interessierten Elektroniker. Interessant finde ich, dass die freiliegenden Auslösekontakte über zwei 2,2 Megaohm Widerstände direkt mit der Netzspannung verbunden sind, also ohne galvanische Trennung. Das würde man heute sicher auch anders lösen.

Nach dem Zusammenbau am Ende hat alles wieder wunderbar funktioniert. Der Blitz ist weitaus leistungsfähiger als alles, was in Kameras eingebaut ist. Der ordentlich große Kondensator wird ohne Strombegrenzung über die Blitzröhre entladen. Das gibt jedes mal einen richtigen Knall, den ich noch aus meiner Kindheit kenne und leuchtet Räume locker bis in 9m Entfernung aus. Der Vorwiderstand 180 Ohm / 5 Watt muss während des Ladevorganges kurzzeitig knapp 300W verkraften und gibt dann immer ein winziges Rauchwölkchen ab. Das ist nicht bedrohlich und insgesamt ist das Gerät recht robust mit dem Nachteil, dass es immer an einer Steckdose aufgeladen werden muss nach jedem einzelnen Blitz.

Update 24.05.2023

Der letztgenannte Nachteil konnte mit einem Zusatzgerät umgangen werden, dem Inverter BZG1, welcher ebenfalls vom VEB Elgawa Plauen (Vogtl.) produziert wurde. Dieses tragbare Gerät hat aus 4 Monozellen die 220V zum Laden des Blitzes erzeugt. Ein freundlicher Leser hat mir das von einem Original abgenommene Schaltbild zukommen lassen, vielen Dank dafür.

BZG1_Transverter_02
Quelle: Christian Seifert

 

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Test Oszilloskop Röhre Telefunken O7S1

Als erstes muss ich kurz vorwarnen: Dieser Beitrag ist etwas länger als üblich aber so ist das mit einem Hobby. Man hat einen Plan, lernt mittendrin Neues und erweitert ein Projekt Stück für Stück. Es geht beim Hobby nicht um Effizienz, sondern darum, etwas „schön“ zu machen und am Ende zufrieden zu sein. Da kommen schnell ein paar zusätzliche Wochenenden Bastelei zusammen für etwas, was eigentlich nur ein paar Stunden dauern sollte…
Aus dem geplanten Test der O7S1 hatten sich im Laufe der Zeit auch noch diese Punkte ergeben:

  • Sägezahngenerator, Versuchsaufbau und Simulation mit PSpice
  • Verstärker für X- und Y-Ablenkung mit Doppeltriode 6N2P
  • Gesamtschaltung für ein Mini-Oszilloskop

Aber jetzt geht’s los mit dem Artikel.


Kürzlich habe ich ein altes Oszilloskop „Picoskop“ neu aufgebaut.  Neben einigen anderen Dingen fehlte auch die Kathodenstrahlröhre. Im Originalgerät ist eine B7S1 vom VEB Funkwerk Erfurt (Teil des RFT) verbaut. Die Bezeichner solcher Röhren sind meist so wie in diesem Fall zusammengesetzt: Ein Buchstabe gefolgt von der Bildschirmdiagonale und der genaueren Bezeichnung. In dem Fall steht B7S1 wahrscheinlich für Bildröhre, 7cm Diagonale, System 1. Nach kurzer Internet-Recherche zu diesem Ersatzteil habe ich zwar keine B7S1 gefunden, dafür aber eine O7S1 für einen relativ günstigen Preis. Eine weitere Recherche in meinem Röhren-Codex von 1948

Röhren-Codex 1948
Röhren-Codex 1948

und bei radiomuseum.org ergab, dass eine O7S1 ein Bildröhrenmodell von Telefunken aus der Zeit vor 1945 ist. Es hat die gleiche Heizspannung und scheinbar auch die gleiche Sockelbeschaltung wie eine B7S1. Weitere Daten zur O7S1 waren nicht verfügbar. Leider enthält mein Röhren-Taschenbuch von 1958 aus dem Fachbuchverlag Leipzig die B7S1 noch nicht.

Röhren-Taschenbuch Band II, 1958
Röhren-Taschenbuch Band II, 1958

Mich hat aber die Ähnlichkeit zwischen beiden Röhren zu der Annahme verleitet, dass die B7S1 von RFT aus den 50er Jahren ein kompatibler Nachbau der Telefunken-Röhre aus den 40er Jahren ist. Also habe ich sie kurzerhand gekauft und nach wenigen Tagen ist die Röhre unbeschadet bei mir angekommen. Der erste Anblick war gut. Äußerlich und mechanisch war anscheinend alles in Ordnung, die Kontakte waren ewig nicht in einem Sockel. Das erkennt man recht einfach mit der Lupe an korrodierten aber nicht zerkratzten Kontakten. Auch das Telefunken-Logo und die Bezeichnung sind noch schräg gegen das Licht gehalten, ganz gut zu sehen. Die silberne Aufschrift O7S1 ist aus der Neuzeit mit einem dieser Spezialstifte aufgebracht.

O7S1 Bezeichnung und Telefunken Logo
O7S1 Bezeichnung und Telefunken Logo

Auf dem Sockel selbst war der originale Aufdruck V II / RÖ 19 zu finden. Mir kam kurz der Gedanke, ob es sich eventuell nicht um römisch sieben, sondern um V römisch zwei bzw. V2 handelt. Wahrscheinlich bedeutet es aber Baugruppe 7 / Röhre 19. Falls irgend jemand weiß, um welches Gerät es sich handeln könnte, bitte ich unbedingt um eine Nachricht.

O7S1 Sockel Detail
O7S1 Sockel Detail

Da ich noch ein originalen Picoskop EO1/7 besitze, konnte ich die Röhre dort einsetzen und einen schnellen Test machen. Aber alles bleib dunkel. Trotzdem habe ich dem Online-Händler zunächst keine schlechte Bewertung gegeben, sondern habe eine Testschaltung aufgebaut. Sehr geholfen hat mir dabei die Seite von Burkhard Kainka, auf der neben vielen Grundlagen sowie kleinen und großen Bastelprojekten auch eine Testschaltung für ein Mini-Oszilloskop veröffentlicht ist. An dieser Stelle ein großer Dank von mir an den Betreiber der Seite für die Arbeit, das alles zu veröffentlichen.


Zurück zur Testschaltung: Während des Aufbaus wurde schnell klar, dass die Sockel der beiden Röhren B7S1 und O7S1 um 180° gedreht sind und nach kurzer Zeit konnte ich feststellen, dass die Röhre grundsätzlich funktioniert.

O7S1 Erster Test
O7S1 Erster Test

Was nun folgte waren einige Wochenenden Bastelei. Als erstes habe ich herausgefunden, dass Gitter 1 keine Funktion mehr hat. Damit ist keine direkte Helligkeitsregelung mehr möglich. Das ist nicht so sehr problematisch, da man die Helligkeit auch mit der Anodenspannung regulieren kann. Möglicherweise ist damit aber auch der Focus beeinträchtigt und wahrscheinlich hat die Röhre nicht mehr die Performanz wie im Originalzustand. Trotzdem habe ich versucht, die bestmögliche Schaltung zu entwickeln. Grundlage war wie oben beschrieben die Testschaltung von Burkhard Kainka.

Als erstes habe ich versucht, die X-Ablenkung zu verbessern. Ideal ist ein  Sägezahngenerator, der einen linearen Spannungsanstieg und sehr schnellen Abfall hat. Die originale Kippschaltung mit einer Glimmlampe liefert allerdings einen exponentiellen Spannungsverlauf. Man sieht das sehr deutlich auch in dem Oszillogramm im Artikel von Burkhard Kainka, die Kurve ist rechts gestaucht. Meine Idee sollte ebenso einfach aber etwas besser sein und schließlich habe ich mit einem Sägezahngenerator mit einen Unijunction-Transistor (UJT) experimentiert, dessen Grundschaltung recht simpel ist.

Schaltbild PSpice Simulation Sägezahngenerator mit UJT 2N2646 erster Versuch
Schaltbild PSpice Simulation Sägezahngenerator mit UJT 2N2646 erster Versuch

Am Emitter kann ein Sägezahn abgenommen werden, der schon etwas linearer ist, als eine Kippschaltung mit Glimmlampen. Natürlich handelt es sich wieder um die Ladekurve eines Kondensators bzw. eine e-Funktion. Allerdings bewegen wir uns hier nur im unteren Bereich. Eine Simulation mit PSpice zeigt das Erwartete, einen nicht ganz linearen Anstieg.

PSpice Simulation Sägezahngenerator mit UJT 2N2646, erster Versuch
PSpice Simulation Sägezahngenerator mit UJT 2N2646, erster Versuch

Da die Frequenz veränderlich sein sollte, habe ich in die Schaltung einen Widerstand eingefügt, der während der Simulation über einen Parameter verändert wird. Mit PSpice geht das so, dass man einen globalen Parameter auf dem Arbeitsblatt platziert, in dem Fall V_POT. Es werden dann mehrere Simulationen durchlaufen und dieser Parameter verändert. Ich habe Schritte von 0.2 zwischen null und eins gewählt. Über C2 und R4 wird die Belastung des Generators dargestellt.

Schaltbild PSpice Simulation Sägezahngenerator mit UJT 2N2646
Schaltbild PSpice Simulation Sägezahngenerator mit UJT 2N2646

Auch hier ergab die Simulation keine Überraschungen. Allerdings war es recht schwierig, die Konvergenzprobleme mit PSpice in den Griff zu bekommen. Das ist gerade bei der Simulation von Oszillatoren problematisch und man muss mit einigen Simulationsparametern experimentieren, bis alles fehlerfrei bis zum Ende läuft.

Die Frequenz ist in weiten Grenzen regelbar, wir haben jetzt einen prima Sägezahngenerator für die X-Ablenkung.

PSpice Simulation Sägezahngenerator mit UJT 2N2646, 7.5ms
PSpice Simulation Sägezahngenerator mit UJT 2N2646, 7.5ms

Und noch ein Ausschnitt der ersten halben Millisekunde.

PSpice Simulation Sägezahngenerator mit UJT 2N2646, 500µs
PSpice Simulation Sägezahngenerator mit UJT 2N2646, 500µs

Am Ende habe ich ein Oszillogramm des aufgebauten Sägezahngenerators gemacht bei minimaler Frequenz, es sollte also wie die grüne Kurve aussehen. Und voila es sieht ziemlich ähnlich aus. Die Amplitude ist etwas höher und die Frequenz etwas niedriger. Ich schiebe das mal auf die Bauteiltoleranzen.

Oszillogramm Sägezahngenerator mit UJT 2N2646
Oszillogramm Sägezahngenerator mit UJT 2N2646

Die Empfindlichkeit der O7S1 ist eher mäßig. Der genaue Wert ist mir nicht bekannt. Meine Tests haben etwa 50V/cm für die X- und 40V/cm für die Y-Ablenkung ergeben. Damit war die nächste Aufgabe zu lösen, das Signal um den Faktor 25 bis 30 zu verstärken. Stilecht habe ich eine Triode gewählt. Die Hochspannung ist für die Bildröhre ohnehin vorhanden womit der Einsatz einer weiteren Röhre keinen großen Zusatzaufwand bedeutet. Als Triode mit hoher Verstärkung bietet sich eine ECC83 an. Wegen des hohen Preises der ECC83 habe ich die sehr ähnliche 6N2P bzw. 6H2П gewählt, die heute noch in Russland gefertigt wird. Als Schaltung kommt eine Standard-Verstärkerschaltung für Trioden zum Einsatz. Hier der Ausschnitt aus dem Gesamtschaltbild des Mini-Oszilloskops.

Schaltbild Verstärker mit Triode
Schaltbild Verstärker mit Triode

Das zweite System der Doppeltriode wurde für den Y-Verstärker verwendet, der identisch zum X-Verstärker aufgebaut ist. Die Ablenkplatten müssen zum Teil ein höheres Potential als die Anode haben, um den X- und Y-Ursprung über den gesamten sichtbaren Bereich verschieben zu können. Diese Funktion wird durch einige Spannungsteiler und Potentiometer (R9 bis R19 und P2/P3) realisiert. Mit Potentiometer P4 wird der Focus eingestellt. Damit war das Mini-Oszilloskop dann einigermaßen gut funktionsfähig und ich zufrieden.

Zum Schluss noch das gesamte Schaltbild, eine Fotogalerie und ein kurzes Video.

Vollständiges Schaltbild
Vollständiges Schaltbild

 

Mini-Oszilloskop komplett
Mini-Oszilloskop komplett

 

Mini-Oszilloskop Elektronik
Mini-Oszilloskop Elektronik

 

Sägezahngenerator mit Unijunction-Transistor 2N2646

 

Mini-Oszilloskop Elektronik von unten
Mini-Oszilloskop Elektronik von unten

Sinus- Rechteck- und Dreieck-Signale ca. 2kHz aus meinem Funktionsgenerator.

Sinus Rechteck Dreieck

Die Röhren glühen.

So sieht das ganze live aus, gespeist vom Funktionsgenerator.

 

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Restaurierung Oszilloskop Picoskop EO1/7

Ein kleines Oszilloskop, ein Picoskop EO1/7 befindet sich seit langem in meinem Besitz. Als ich es vor vielleicht 20 Jahren aus nostalgischen Gründen für wenig Geld gekauft hatte, bekam ich ein extra Chassis als Ersatzteilspender dazu. Dieses Chassis war verrostet, verbogen, einige Teile fehlten oder waren zerbrochen. Natürlich war auch keine Röhre mehr vorhanden.

Bei einer Aufräumaktion dieses Frühjahr sollte dieses Chassis eigentlich in den Schrott wandern. Bevor ich das übers Herz brachte, machte ich noch mal eine Bestandsaufnahme:

  • Alle Röhren incl. der Bildröhre fehlen
  • Selen-Gleichrichter fehlen
  • keine Frontplatte und kein Gehäuse
  • Rost und Schmutz an allen Teilen
  • Potentiometer mit Netzschalter, Mechanik verbogen, Bakelit-Schaltergehäuse gebrochen
  • Potentiometer hintere Abdeckung fehlt
  • Sicherungshalter unvollständig
  • MP-Kondensator ein Anschluss ausgebrochen, Öl läuft aus
  • Kabelbäume teilweise mit roher Gewalt entfernt
  • ein Keramik-Röhrensockel gebrochen
  • zwei Widerstände zerstört
  • wenige Kondensatoren fehlen

Aber der Netztrafo, die Siebdrossel und ein kleinerer Hochspannungstrafo waren anscheinend noch intakt. Außerdem waren beide Drehschalter für X und Y in Ordnung. Das sind doch ganz gute Voraussetzungen für einen Neuaufbau dachte ich mir. Leider habe ich kein Foto vom Urzustand gemacht. Es sah wirklich aus wie ein Haufen Schrott.

Der Anfang

Als erstes habe ich das Gerät so weit es geht auseinandergebaut, vernünftig gereinigt und teilweise entrostet. Den Netztrafo habe ich nach dem Entrosten mit einem Alkydharzlack versiegelt. Grundsätzlich sollte man dafür einen Hochspannungsisolierlack verwenden. Da dieser privat aber nicht so einfach zu bekommen ist, tut es auch z.B. ein guter farbloser Bootslack wie in meinem Fall.

Im nächsten Schritt ging es an die Reparatur der defekten Bauteile. Der undichte MP-Kondensator bekam eine neue Anschlussfahne, zum Glück guckte noch ein kleines Stück vom alten Anschluss heraus. Danach wurde der gründlich entfettete Anschluss mit Epoxidharz abgedichtet.

Mit Epoxidharz habe ich auch den Zerbrochenen Röhrensockel geklebt. Im Bild ist das hinter einem der zwei ersetzten Widerstände zu erkennen.

Wichtig ist, dass man zum Kleben das „normale“ Epoxidharz verwendet. Das sind Harz und Härter, die man meist im Verhältnis 100:60 bis 100:40 mischen muss. Die Aushärtezeit beträgt 24 bis 48 Stunden. Es gibt auch allerlei schnell aushärtende Klebstoffe auf Epoxidharz-Basis. Nach meiner Erfahrung haften diese aber gerade auf Keramik und Bakelit längst nicht so gut.

Bakelit ist das Stichwort für die nächste Reparatur, das Potentiometer mit dem Netzschalter. Hier konnte ich die Mechanik wieder richten. Zum Glück waren alle Bruchstücke des Schaltergehäuses vorhanden. Bakelit lässt sich ebenfalls hervorragend mit dünnflüssigem Epoxidharz kleben. Die Klebestelle ist danach meist stabiler als der Rest. Nach einer Reinigung, Schmierung und Kontaktpflege mit Neo-Ballistol funktioniert das Poti wieder wie neu.

Zuletzt habe ich noch eine neue hintere Abdeckung für das zweite defekte Poti hergestellt. Im Gegensatz zum Original habe ich das aus Aluminium anstatt Stahlblech gefertigt. Dank meiner Elektromechaniker Ausbildung in den 80er Jahren kann ich solche Arbeiten relativ präzise ausführen.

Damit waren die Bauteile gerettet, die zu retten waren. Die Funktion der zwei defekten Potis ist vollständig wiederhergestellt und wegen der vermutlich besseren Schmierung ist die erwartete Lebensdauer evtl. auch größer als beim Original.

Ersatzteile

Einige Ersatzteile musste ich bestellen. Der Sicherungshalter ist ein Standard-Modell aus der DDR und noch relativ einfach im Internet zu finden. Von den Röhren ECF82 habe ich einen Posten mit 8 Stück sehr gut erhaltene Exemplare von Telam zu einem guten Preis erstehen können. Mir war wichtig, dass alle Röhren ein Fabrikat sind. Das ist denke ich eine gute Idee für Messtechnik.

Etwas schwieriger war es, eine günstige Bildröhre, die B7S1 zu bekommen. Die angebotenen Exemplare waren mir zu teuer und das bei ungewisser Funktion. Zufällig bin ich auf eine O7S1 gestoßen, habe Sockelschema und Kennwerte verglichen und war der Meinung, dass die O7S1 ein direkter Vorläufer der B7S1 ist aus der Zeit vor 1945. Am Ende musste ich feststellen, dass dem nicht so ist. Der Sockel ist um 180° gedreht, die Kathode ist nicht einzeln herausgeführt und die drei Gitter haben auch etwas andere Funktionen. Den Test dieser Röhre habe ich in einem separaten Blogpost beschrieben. Am Ende musste ich also dann doch noch eine B7S1 suchen und habe mit etwas Glück ein neues und Original verpacktes Exemplar gefunden, sogar der Garantieschein war noch dabei.

B7S1 OVP, Kassenbon und Garantieurkunde

Wiederaufbau

Zunächst habe ich mich der Stromversorgung gewidmet. Auch um als erstes zu testen, ob alles mit den schwer reparierbaren Trafos in Ordnung ist. Leider fehlten die Selengleichrichter und ich habe diese zwei Zweiwege-Gleichrichter dann durch vier Dioden 1N4007 in Brückenschaltung ersetzen müssen.

Außerdem fehlte der Kabelbaum des Netzteils komplett. Ich habe ihn wieder ziemlich original aufgebaut. Allerdings wurde statt des doppelt umsponnenen Drahtes eine moderne Alternative mit ETFE-Isolierung verwendet. Dieser Verdrahtungsvariante habe ich einen ganzen Blogpost „Kabelbaum binden“ gewidmet. Von den zwei Elkos im Netzteil war ein axialer 10µF/350V wegen eines direkt am Gehäuse abgebrochenen Anschlusses nicht mehr zu retten. An dessen Stelle verrichtet jetzt eine moderne radiale Variante mit 450V Spannungsfestigkeit ihren Dienst.

EO7/1 ausgetauschter Elko

Den 50µF/350V Becherelko habe ich binnen zwei Wochen neu formiert. Das hat wunderbar geklappt, bei Nennspannung hatte er am Ende nur noch 80µA Leckstrom. Dem Formieren von Elkos habe ich einen ganzen Beitrag gewidmet.

Den ersten Test des Netzteils habe ich leider ohne Last gemacht. Deswegen und wegen des geringeren Spannungsabfalls der neuen Gleichrichterbrücke aus Siliziumdioden hatte die Anodenspannung im Leerlauf etwa das doppelte vom Nennwert. Es machte kurz puff und der aufwändig formierte Becherelko war Geschichte, wirklich schade. Immerhin habe ich so gelernt, dass man Netzteile von Röhrengeräten nie ohne Last testen sollte und wie man einen Becherelko restauriert bzw. wie man darin einen modernen Kondensator versteckt. Auch dazu gibt es demnächst hier einen Beitrag. Nach dieser Reparatur war das Netzteil komplett und funktionierte perfekt.

Im nächsten Schritt wurde die sonstige Verkabelung im Gerät wiederhergestellt. Außerdem mussten insgesamt zwei defekte Widerstände ersetzt werden.

EO7/1 Kabelbaum oben

Sämtliche Papierkondensatoren habe ich aus Sicherheitsgründen ausgetauscht und durch Folienkondensatoren ersetzt. Ich hatte Glück und konnte meine Vorräte dank Markus aus Hamburg auffüllen, der viele verschiedene Werte bei „Kleinanzeigen“ anbietet. Die grundsätzlich noch funktionierenden Papierkondensatoren taten mir dann aber doch zu leid, um diese wegzuwerfen, nur weil sie einen etwas zu hohen Leckstrom haben. Meinen Versuch, sie wieder fit zu machen, habe ich im Beitrag „Papierkondensatoren restaurieren“ dokumentiert. Das ist sicher besser als ein Austausch, da die Schaltungen zum Teil für diese höheren Leckströme ausgelegt sind.

Schließlich habe ich nur noch die vier ECF82 Röhren sowie die Bildröhre eingesetzt und voila, alles funktionierte auf Anhieb tadellos. Jetzt fehlen noch Frontplatte und Gehäuse und am Ende soll die Bildröhre dann mal die Uhrzeit in analoger Form darstellen. Aber das ist ein neues Projekt.

 

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Kabelbaum binden

In älteren Geräten, zum Beispiel Messtechnik, findet man häufig von Hand gebundene Kabelbäume. Darunter ist eine Anzahl Drähten zu verstehen, die mit sogenanntem Bindegarn zu einem stabilen Gebilde zusammengeknotet werden. Diese Variante der Verdrahtung muss manuell ausgeführt werden, ist damit sehr aufwändig und wird deshalb heute im Wesentlichen nur noch in der Luft- und Raumfahrt verwendet. Es gibt verschiedene andere Möglichkeiten Kabelbäume herzustellen wie mit Kabelbindern oder Schläuchen etc. In diesem Artikel geht es aber nur um die ursprüngliche Methode mit Bindegarn. Ich kann mir vorstellen, dass die ersten Kabelbäume für Telefonvermittlungen gefertigt wurden. In jedem Fall waren die Erbauer der analogen Vermittlungstechnik wahre Meister im zusammenknüppern von Drähten.

Grundsätzlich haben Kabelbäume mehrere Vorteile.

  • Die Kabel sind zusammengebunden stabiler.
  • Es wird weniger Platz für die Verkabelung benötigt.
  • Fehler beim Aufbau oder bei der Wartung werden vermieden.
  • Insgesamt ergibt sich eine sehr gute Ausfallsicherheit.

Kürzlich habe ich ein altes Oszilloskop restauriert und musste die fehlenden Kabelbäume wieder ergänzen. Das war der Grund, warum ich mich mit diesem Thema ausführlicher auseinandergesetzt habe. Hier im Bild sieht man das erste Ergebnis und ich bin insgesamt zufrieden damit.

Erste Voraussetzung, selbst einen Kabelbaum zu binden ist das richtige Bindegarn. Früher war das ein gewachstes dünnes Naturgarn, vermutlich Jute, Sisal oder Flachs. Bei sehr alter Telefon-Vermittlungstechnik aus den späten 20er oder 30er Jahren, die ich als Kind ausgeschlachtet habe, findet man solches Garn noch. Heutzutage ist das Material so was ähnliches wie Zahnseide mit sehr viel Wachs. Es gibt nur noch wenige Lieferanten, die Endverbraucher damit beliefern. Unter dem Namen „Abbindegarn“ führt SEGOR-electronics GmbH aus Berlin das in seinem Sortiment. Als „Abbindeschur“ habe ich meinen Vorrat bei Bürklin Elektronik erstanden. Ich empfehle auch dringend, ein explizit für Kabelbäume gefertigtes Bindegarn zu verwenden. Andere Materialien lassen sich bei weiten nicht so gut verarbeiten und sind möglicherweise nicht langzeitstabil.

Auf eine alternative Variante bin ich gestoßen, die mir trotzdem gefällt: Haltbares Garn, vermutlich Sternzwirn wird in heißen Bienenwachs getaucht.

Nun fehlt noch die Kunst des Knotens. Für einen einfachen Start empfehle ich den Vorgaben der FAA, der „United States Federal Aviation Administration“ zu folgen. Diese hat in ihrem „Advisory Circular“ 43.13-1B, Chapter 11 „Aircraft Electrical Systems“ Anweisungen veröffentlicht, die nur zwei Varianten des Bindens enthalten und so einfach und übersichtlich sind.


Quelle: FAA AC 43.13-1B, Chapter 11

Noch ein Tipp: Man kann den Kabelbaum zumindest in zwei Dimensionen auf einem Brett mit kleinen Nägeln aufbauen. Dazu wird an jedem Knick und an jedem Abzweig ein kleiner Nagel eingeschlagen. Die Drähte können dann da entlang gebogen werden, danach wird gebunden. Falls die Form des Baums in die dritte Dimensionen geht, wird es schwieriger und ich würde es direkt im Gerät verdrahten und binden.

Bei mikrocontroller.net findet sich ein Thread, der sich ebenfalls mit der Thematik beschäftigt. Aus diesem Thread stammen die folgenden vielfältigen Varianten für das Knoten Binden. Letztendlich muss man sich für eine Variante entscheiden. Ich habe mich so entschieden:

  • Anfangsknoten: Form A mit Sicherheitsknoten
  • Zwischenknoten: Form B für glatte Oberflächen
  • Schlussknoten: Durchschlungener Schlussknoten

Grundknoten, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49981/Blatt412_Grundknoten.png

Verlängerungsknoten, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49982/Blatt413_Verlaengerungsknoten.png

Anfangsknoten, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49983/Blatt414_Anfangsknoten.png

Zwischenknoten, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49984/Blatt415_Zwischenknoten.png

Schlussknoten, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49985/Blatt416_Schlussknoten.png

Knotenbund, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49986/Blatt418_Knotenbund.png

Der vollständige Thread ist hier: https://www.mikrocontroller.net/topic/64283

 

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Papierkondensatoren restaurieren

In letzter Zeit musste ich bei allen DDR Röhrenradios und anderen Geräten aus der Zeit Ende der 50er bis Anfang der 70er Jahre nahezu alle Kondensatoren austauschen. Das Problem sind immer die Papierkondensatoren des Fabrikats „Koweg“ (Kondensator Werk Görlitz). Im Laufe der Jahre sind diese Kondensatoren gealtert und halten die ursprüngliche Spezifikation, vor allen den Leckstrom nicht mehr ein. Diese habe ich bisher immer gegen langlebige Folienkondensatoren ausgetauscht. Nach meinen Beobachtungen ist das grundsätzliche Problem dieser Kondensatoren die Versiegelung. An den Stirnseiten besteht diese aus so etwas ähnlichem wie PUR-Schaum (Polyurethan Schaum). Dieser zerbröselt aber mit der Zeit und ist bei alten und thermisch beanspruchten Exemplaren gar nicht mehr vorhanden. Der zweite Teil der Versiegelung ist ein Lack, der bei dieser Serie ebenfalls brüchig geworden ist mit den Jahren. Ich vermute es handelt sich um einen Nitrolack. Dies sind die Überbleibsel aus dem letzten Restaurationsprojekt:

Papierkondensatoren

Früher habe ich diese Kondensatoren einfach in den Elektronikschrott gegeben, dieses Mal soll alles anders werden. Der Königsweg jeder Restaurierung ist der Erhalt der originalen Substanz und aus dieser Überlegung entstand ein Plan.

Meine ganz persönliche Theorie ist, dass das Papier hygroskopisch ist. Durch das Problem der schadhaften Versiegelung nimmt das Papier mit der Zeit Feuchtigkeit auf. Da das Papier Isolation und Dielektrikum ist, verändert ein anderer Feuchtigkeitsgehalt die Eigenschaften des Kondensators sehr stark. Also muss man den Kondensator trocknen!

Mir sind zwei praktikable Möglichkeiten der Trocknung eingefallen, im Vakuum oder mit Silica-Gel in einer Trocknungsbox. Silica-Gel  oder auch Kieselgel ist ein Trocknungsmittel, welches man üblicherweise in geschlossenen Behältern verwendet, in welches man das Granulat und die zu trocknenden Dinge hineintut.

Ich habe das Granulat im Internet bestellt und habe eine Variante mit Feuchteindikator gewählt. In diesem Fall bedeutet Orange=trocken, Blau=feucht. Das Granulat kann man im Ofen regenerieren und nahezu unbegrenzt wiederverwenden.

Dieses Granulat kommt jetzt einfach in eine luftdichte Plastikbox.

Darüber kommt ein Küchenpapier und dann die Kondensatoren obendrauf.

Das ganze kommt jetzt über den Winter auf die Heizung, um den Dampfdruck weiter zu erhöhen. Ich habe in der Box eine relative Luftfeuchtigkeit zwischen 5% und 10% gemessen.

Im nächsten Jahr werde ich dann die Kondensatoren messen und sehen, ob sie wieder bessere Kennwerte haben. Außerdem werde ich dann hier beschreiben, wie ich die dauerhafte Versiegelung mache.

 

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