Mein Freund Falk hat mich Anfang des Jahres gefragt, ob ich mir mal eine defekte Endstufe angucken würde, die er sehr günstig im Internet kaufen könnte. Meiner Meinung nach konnte man damit nichts falsch machen, da schon der eingebaute Netztrafo allein den Kaufpreis wert war. Also wurde die Endstufe bestellt und gleich zu mir nach Hause geliefert. Es handelte sich um ein Gerät der Firma K.M.E., Modell SPA500F mit 2x 250W RMS an 4 Ohm bzw. 2x 150W RMS an 8 Ohm. Das Baujahr war ungefähr 2000. Der Verkäufer beschrieb den Zustand etwa so: „Ein Kanal geht nicht, der Rest ist in Top Zustand, weiß auch nicht.“ Nach zwei Tagen war das Teil bei mir. Den Rest der Story erzähle ich als kleine Bildergeschichte im Folgenden.
Bestandsaufnahme
Als erstes war die Eingangsprüfung dran, also Gehäusedeckel abschrauben und mal gucken.
Ein starker Geruch nach kaltem Zigarettenrauch und verbrannter Elektronik und entsprechende Ablagerungen verrieten: Das Gerät war jahrelang in einer Umgebung mit viel Nikotin im Einsatz, wahrscheinlich eine Diskothek.
Außerdem waren eine Menge Bauteile auf der Platine verbrannt oder sogar explodiert.
Es war auch deutlich zu erkennen, dass das Gerät kürzlich geöffnet worden war. Bei den Brandspuren auf dem Deckel und dem Geruch, was man beides schwer übersehen kann, war der Verkäufer eventuell nicht ganz aufrichtig bei der Zustandsbeschreibung.
Hier einige Bilder von den spannenden Stellen.
Auch einige Leiterbahnen hatten sich in Wohlgefallen aufgelöst. Schnell war klar, dass ich hier ohne Schaltbild nicht weiterkomme. Eine Suche nach den Unterlagen im Internet hat nichts ergeben, also habe ich kurzerhand am Wochenende eine freundliche Anfrage an die Service-Email von K.M.E. geschickt. Und voila, am Montag früh waren Schaltbild und Bestückungsplan in meinem Posteingang, Absender war der Produktionsleiter persönlich. An dieser Stelle noch mal vielen Dank dafür.
Defekte Teile
Im nächsten Schritt habe ich alle defekten Teile gesucht und ausgelötet. Da ist einiges zusammengekommen wie man auf den Fotos sieht.
Ersatz
Ersatz zu beschaffen war diesmal einfach. Mein lokaler Elektronik-Bauteile Dealer SEGOR-electronics GmbH Berlin hatte alles parat, sogar relativ exotische Japan-Transistoren 2SC… waren ab Lager verfügbar. Von einem Auslauftyp hatte ich allerdings die letzten Exemplare gekauft.
Die Teile zu tauschen war nicht schwer Dank Schaltbild und Bestückungsplan. Nach wenigen Stunden war alles erledigt und die verdampften Leiterzüge durch dünne PTFE-isolierte Drähte ersetzt.
Test mit Vorsichtsmaßnahmen
Als nächstes war eine erste Prüfung dran. Das ist eine heikle Angelegenheit. Wenn man einen Fehler gemacht oder die Ursache nicht gefunden hat, macht es wumms, es steigen kleine Wölkchen auf und man kann nochmals diverse Teile tauschen. Eine sehr gute Versicherung gegen ein neuerliches Desaster ist eine vorgeschaltete Glühlampe. Diese schleift man in die Stromversorgung ein, sodass die maximale Leistung stark reduziert wird und bei Kurzschluss etwa nur die Glühlampe leuchtet und nichts explodiert. Für eine Endstufe dieser Größe ist eine 100W Glühlampe angemessen, gut wer so etwas noch besitzt.
Der Test verlief zunächst gut, das eingespeiste Sinussignal war am Ausgang zu sehen. Allerdings traten bei etwas größerer Aussteuerung starke Verzerrungen auf. Der nicht reparierte Kanal lief nach wie vor tadellos.
Knifflige Fehlersuche
Den Rest der Geschichte kann ich kurz zusammenfassen. Bei der Reparatur der Leiterzüge hatte ich einen kleinen Fehler gemacht und die Treiber der einen Halbwelle mit den Endtransistoren der anderen Halbwelle verbunden. Bei geringer Lautstärke war das Signal ok, wenn aber die Endtransistoren mit übernehmen, kommt nur noch Murks aus dem Lautsprecher. Das Problem hat mich noch ein paar Tage verfolgt. Vor lauter Verzweiflung habe ich fast alle Teile der defekten Kanals getauscht, ohne Erfolg. Die ausgelöteten Teile ergaben bald so eine Art Wimmelbild.
Nach ein paar Nächten drüber schlafen habe ich dann noch mal systematisch das Problem gesucht. Große Zufriedenheit, als ich den winzigen Fehler gefunden und behoben hatte. Eigentlich hatte ich im ersten Versuch alles weitere richtig gemacht. Das klappt bei einer umfangreichen Reparatur nicht sehr oft.
Abgleich
Einziger notwendiger Abgleich ist der Ruhestrom. Dazu habe ich einfach den Spannungsabfall über den Drainwiderständen des intakten Kanals gemessen und den anderen Kanal genauso eingestellt.
Fehlerursache und Update
Im Testlauf hat sich herausgestellt, dass die Kühlkörper auch ohne Last schon ziemlich heiß werden. Ab einer bestimmten Temperatur werden dann die eingebauten Lüfter aktiviert. Die Temperatur im Leerlauf erschien mir zu hoch. Das passte auch zu einer Änderung bzw. einem Update des Gerätes, das in den Unterlagen, die mir K.M.E. geschickt hatte, zu sehen war. Das Update führt dazu, dass die Lüfter permanent mit geringer Drehzahl laufen, um eine Überhitzung zu verhindern. Damit ist nun wohl auch die Ursache des Defektes gefunden. Ziemlich sicher ist einer der Endtransistoren den Hitzetod gestorben und hat diverse andere Bauteile mitgezogen.
Das aus einem 220nF Kondensator und zwei 5,6V Z-Dioden bestehende Update war schnell eingebaut.
Schließlich störten jetzt nur noch die alten, unrund laufenden und ziemlich lauten Lüfter, die ja nun permanent an sind. Das leiseste passende Modell zum Austausch war schnell gefunden und bestellt.
Letzte Amtshandlung war der Austausch der drei Lüfter.