Kürzlich wollte mein Vater seine komplette Fotoausrüstung weggeben, die sich in den letzten 50 Jahren so angesammelt hatte. Zum Glück konnte ich noch rechtzeitig intervenieren und nun werden einige Dinge davon noch etwas länger in der Familie verbleiben. „Komplette Fotoausrüstung“ klingt jetzt nach einer Menge Kram, war aber nur ein nicht ganz voller Jute-Einkaufsbeutel mit drei Kameras, ebenso vielen Blitzgeräten, allerlei Objektiven, zwei Belichtungsmessern, Zwischenringen, etc. pp. Alles ist nach langer Benutzung in einem Zustand, der mal wieder etwas Aufmerksamkeit erfordert.
Als erstes habe ich etwas einfaches gewählt und mir eines der drei Blitzgeräte vorgenommen, ein „Elgawa N128“.
Ganz wichtig für alle, die alte Geräte wieder rauskramen und in Betrieb nehmen wollen: NIEMALS ein altes Gerät, das 10-20 Jahre oder länger nicht in Betrieb war einfach wieder einschalten. Mit ziemlicher Sicherheit wird der Sieb-Elko im Netzteil degeneriert sein und zu einem Kurzschluss führen. Mit anderen Worten, nach kurzer Zeit verabschiedet sich der Elko mit einem Knall und es gibt viel Arbeit für den Restaurator. Das gilt natürlich in erster Linie für Geräte mit Netzanschluss.
Also habe ich das Gerät erst mal geöffnet.
Das Innenleben ist übersichtlich mit wenigen Bauteilen.
Die meisten Bauteile sind Baujahr 1983, der Blitz selbst vom 17.5.1984.
Den Elko habe ich ausgelötet und neu formiert. Dem Thema Elektrolytkondensatoren restaurieren und neu formieren habe ich einen eigenen ausführlichen Beitrag gewidmet. Hier nur so viel zum Thema: Ohne Spannung baut sich die Oxidschicht im Elko langsam ab. Der Prozess ist reversibel, sofern wieder ein elektrisches Feld anliegt. Da der Wiederaufbau der Oxidschicht ein elektrochemischer Prozess ist, braucht das einige Zeit. Ich mache das mit einem kurzschlussfesten Hochspannungsnetzteil und kontrolliere den Leckstrom durch den Elko während ich schrittweise die Spannung erhöhe. Nach einigen Stunden oder Tagen ist der Elko wieder einsatzbereit. In diesem Fall hat es nur ca. 4 Stunden gedauert, bis sich bei Nennspannung von 350V ein Leckstrom von unter 400µA eingestellt hatte, ein exzellenter Wert.
In der Zwischenzeit habe ich mir die Platine genauer angeguckt. Offensichtlich war das eine Fehlproduktion, die manuell korrigiert wurde. Ein Leiterzug wurde ausgebohrt und eine Drahtbrücke eingebaut. Heutzutage wäre das Elektroschrott. Interessant ist noch die Sicherung. Zwischen den zwei Lötstellen links unten ist ein sehr dünner Draht als Schmelzsicherung eingebaut. Das ist günstig, nur leider sehr berührungsempfindlich. Prompt habe ich den Draht beim Reinigen kaputt gemacht und musste ihn auf einer Seite mit einem kleinen Stück verlängern und wieder anlöten.
Das Schaltbild habe ich während der Wartezeit auf den neu formierten Elko dann auch noch nachgezeichnet, für den interessierten Elektroniker. Interessant finde ich, dass die freiliegenden Auslösekontakte über zwei 2,2 Megaohm Widerstände direkt mit der Netzspannung verbunden sind, also ohne galvanische Trennung. Das würde man heute sicher auch anders lösen.
Nach dem Zusammenbau am Ende hat alles wieder wunderbar funktioniert. Der Blitz ist weitaus leistungsfähiger als alles, was in Kameras eingebaut ist. Der ordentlich große Kondensator wird ohne Strombegrenzung über die Blitzröhre entladen. Das gibt jedes mal einen richtigen Knall, den ich noch aus meiner Kindheit kenne und leuchtet Räume locker bis in 9m Entfernung aus. Der Vorwiderstand 180 Ohm / 5 Watt muss während des Ladevorganges kurzzeitig knapp 300W verkraften und gibt dann immer ein winziges Rauchwölkchen ab. Das ist nicht bedrohlich und insgesamt ist das Gerät recht robust mit dem Nachteil, dass es immer an einer Steckdose aufgeladen werden muss nach jedem einzelnen Blitz.
Update 24.05.2023
Der letztgenannte Nachteil konnte mit einem Zusatzgerät umgangen werden, dem Inverter BZG1, welcher ebenfalls vom VEB Elgawa Plauen (Vogtl.) produziert wurde. Dieses tragbare Gerät hat aus 4 Monozellen die 220V zum Laden des Blitzes erzeugt. Ein freundlicher Leser hat mir das von einem Original abgenommene Schaltbild zukommen lassen, vielen Dank dafür.
BZG1_Transverter_02
Quelle: Christian Seifert
Danke für den Schaltplan des Elgawa N128. Bei mir war der R1 durch zu häufige Blitzfolge am Netz durchgebrannt.
Vielleicht sollte man noch darauf hinweisen, dass die Sicherung ein hauchdünner Draht auf der Platine ist, den man leicht übersieht und zerstören kann.
Sehr gute Beschreibung!
Herzliche Grüße!
Hallo Stefan,
toll, dass der Beitrag hilfreich war. Einen kurzen Absatz über die unkonventionelle Schmelzsicherung hatte ich geschrieben. Auch ich hatte die aus Versehen kaputt gemacht. 😮
Viel Spaß noch beim Reparieren und alles Gute!
Uwe
Danke für die Dokumentation der Innenschaltung des N128. Das Ding ist echt kräftig.
Dazu gab es ja zu DDR-Zeiten das BZG1 für die netzunabhängige Nutzung. Damit konnte man den Blitzkondensator mit vier R20-Zellen laden. Mich ärgerte, dass nirgends im Web der Schaltplan dazu zu finden war. Deshalb habe ich mich mal drüber gemacht, den von meinem Gerät abzunehmen. Falls Sie möchten, sende ich Ihnen den Plan gerne zu, er wäre sicher eine gute Ergänzung Ihrer Dokumentation.
Hallo Herr Seifert ,
würde mich sehr freuen wenn Sie mir den Schaltplan des BZG1 zusenden würden . Den Schaltplan des N128 habe ich im Netz gefunden .
Mit freundlichen Grüßen
A. Stade
Hallo Herr Seifert,
dem Wunsch von Herrn oder Frau Stade schließe ich mich an und kann auch gern vermitteln.
Danke und viele Grüße,
Uwe