Restaurierung Oszilloskop Picoskop EO1/7

Ein kleines Oszilloskop, ein Picoskop EO1/7 befindet sich seit langem in meinem Besitz. Als ich es vor vielleicht 20 Jahren aus nostalgischen Gründen für wenig Geld gekauft hatte, bekam ich ein extra Chassis als Ersatzteilspender dazu. Dieses Chassis war verrostet, verbogen, einige Teile fehlten oder waren zerbrochen. Natürlich war auch keine Röhre mehr vorhanden.

Bei einer Aufräumaktion dieses Frühjahr sollte dieses Chassis eigentlich in den Schrott wandern. Bevor ich das übers Herz brachte, machte ich noch mal eine Bestandsaufnahme:

  • Alle Röhren incl. der Bildröhre fehlen
  • Selen-Gleichrichter fehlen
  • keine Frontplatte und kein Gehäuse
  • Rost und Schmutz an allen Teilen
  • Potentiometer mit Netzschalter, Mechanik verbogen, Bakelit-Schaltergehäuse gebrochen
  • Potentiometer hintere Abdeckung fehlt
  • Sicherungshalter unvollständig
  • MP-Kondensator ein Anschluss ausgebrochen, Öl läuft aus
  • Kabelbäume teilweise mit roher Gewalt entfernt
  • ein Keramik-Röhrensockel gebrochen
  • zwei Widerstände zerstört
  • wenige Kondensatoren fehlen

Aber der Netztrafo, die Siebdrossel und ein kleinerer Hochspannungstrafo waren anscheinend noch intakt. Außerdem waren beide Drehschalter für X und Y in Ordnung. Das sind doch ganz gute Voraussetzungen für einen Neuaufbau dachte ich mir. Leider habe ich kein Foto vom Urzustand gemacht. Es sah wirklich aus wie ein Haufen Schrott.

Der Anfang

Als erstes habe ich das Gerät so weit es geht auseinandergebaut, vernünftig gereinigt und teilweise entrostet. Den Netztrafo habe ich nach dem Entrosten mit einem Alkydharzlack versiegelt. Grundsätzlich sollte man dafür einen Hochspannungsisolierlack verwenden. Da dieser privat aber nicht so einfach zu bekommen ist, tut es auch z.B. ein guter farbloser Bootslack wie in meinem Fall.

Im nächsten Schritt ging es an die Reparatur der defekten Bauteile. Der undichte MP-Kondensator bekam eine neue Anschlussfahne, zum Glück guckte noch ein kleines Stück vom alten Anschluss heraus. Danach wurde der gründlich entfettete Anschluss mit Epoxidharz abgedichtet.

Mit Epoxidharz habe ich auch den Zerbrochenen Röhrensockel geklebt. Im Bild ist das hinter einem der zwei ersetzten Widerstände zu erkennen.

Wichtig ist, dass man zum Kleben das „normale“ Epoxidharz verwendet. Das sind Harz und Härter, die man meist im Verhältnis 100:60 bis 100:40 mischen muss. Die Aushärtezeit beträgt 24 bis 48 Stunden. Es gibt auch allerlei schnell aushärtende Klebstoffe auf Epoxidharz-Basis. Nach meiner Erfahrung haften diese aber gerade auf Keramik und Bakelit längst nicht so gut.

Bakelit ist das Stichwort für die nächste Reparatur, das Potentiometer mit dem Netzschalter. Hier konnte ich die Mechanik wieder richten. Zum Glück waren alle Bruchstücke des Schaltergehäuses vorhanden. Bakelit lässt sich ebenfalls hervorragend mit dünnflüssigem Epoxidharz kleben. Die Klebestelle ist danach meist stabiler als der Rest. Nach einer Reinigung, Schmierung und Kontaktpflege mit Neo-Ballistol funktioniert das Poti wieder wie neu.

Zuletzt habe ich noch eine neue hintere Abdeckung für das zweite defekte Poti hergestellt. Im Gegensatz zum Original habe ich das aus Aluminium anstatt Stahlblech gefertigt. Dank meiner Elektromechaniker Ausbildung in den 80er Jahren kann ich solche Arbeiten relativ präzise ausführen.

Damit waren die Bauteile gerettet, die zu retten waren. Die Funktion der zwei defekten Potis ist vollständig wiederhergestellt und wegen der vermutlich besseren Schmierung ist die erwartete Lebensdauer evtl. auch größer als beim Original.

Ersatzteile

Einige Ersatzteile musste ich bestellen. Der Sicherungshalter ist ein Standard-Modell aus der DDR und noch relativ einfach im Internet zu finden. Von den Röhren ECF82 habe ich einen Posten mit 8 Stück sehr gut erhaltene Exemplare von Telam zu einem guten Preis erstehen können. Mir war wichtig, dass alle Röhren ein Fabrikat sind. Das ist denke ich eine gute Idee für Messtechnik.

Etwas schwieriger war es, eine günstige Bildröhre, die B7S1 zu bekommen. Die angebotenen Exemplare waren mir zu teuer und das bei ungewisser Funktion. Zufällig bin ich auf eine O7S1 gestoßen, habe Sockelschema und Kennwerte verglichen und war der Meinung, dass die O7S1 ein direkter Vorläufer der B7S1 ist aus der Zeit vor 1945. Am Ende musste ich feststellen, dass dem nicht so ist. Der Sockel ist um 180° gedreht, die Kathode ist nicht einzeln herausgeführt und die drei Gitter haben auch etwas andere Funktionen. Den Test dieser Röhre habe ich in einem separaten Blogpost beschrieben. Am Ende musste ich also dann doch noch eine B7S1 suchen und habe mit etwas Glück ein neues und Original verpacktes Exemplar gefunden, sogar der Garantieschein war noch dabei.

B7S1 OVP, Kassenbon und Garantieurkunde

Wiederaufbau

Zunächst habe ich mich der Stromversorgung gewidmet. Auch um als erstes zu testen, ob alles mit den schwer reparierbaren Trafos in Ordnung ist. Leider fehlten die Selengleichrichter und ich habe diese zwei Zweiwege-Gleichrichter dann durch vier Dioden 1N4007 in Brückenschaltung ersetzen müssen.

Außerdem fehlte der Kabelbaum des Netzteils komplett. Ich habe ihn wieder ziemlich original aufgebaut. Allerdings wurde statt des doppelt umsponnenen Drahtes eine moderne Alternative mit ETFE-Isolierung verwendet. Dieser Verdrahtungsvariante habe ich einen ganzen Blogpost „Kabelbaum binden“ gewidmet. Von den zwei Elkos im Netzteil war ein axialer 10µF/350V wegen eines direkt am Gehäuse abgebrochenen Anschlusses nicht mehr zu retten. An dessen Stelle verrichtet jetzt eine moderne radiale Variante mit 450V Spannungsfestigkeit ihren Dienst.

EO7/1 ausgetauschter Elko

Den 50µF/350V Becherelko habe ich binnen zwei Wochen neu formiert. Das hat wunderbar geklappt, bei Nennspannung hatte er am Ende nur noch 80µA Leckstrom. Dem Formieren von Elkos habe ich einen ganzen Beitrag gewidmet.

Den ersten Test des Netzteils habe ich leider ohne Last gemacht. Deswegen und wegen des geringeren Spannungsabfalls der neuen Gleichrichterbrücke aus Siliziumdioden hatte die Anodenspannung im Leerlauf etwa das doppelte vom Nennwert. Es machte kurz puff und der aufwändig formierte Becherelko war Geschichte, wirklich schade. Immerhin habe ich so gelernt, dass man Netzteile von Röhrengeräten nie ohne Last testen sollte und wie man einen Becherelko restauriert bzw. wie man darin einen modernen Kondensator versteckt. Auch dazu gibt es demnächst hier einen Beitrag. Nach dieser Reparatur war das Netzteil komplett und funktionierte perfekt.

Im nächsten Schritt wurde die sonstige Verkabelung im Gerät wiederhergestellt. Außerdem mussten insgesamt zwei defekte Widerstände ersetzt werden.

EO7/1 Kabelbaum oben

Sämtliche Papierkondensatoren habe ich aus Sicherheitsgründen ausgetauscht und durch Folienkondensatoren ersetzt. Ich hatte Glück und konnte meine Vorräte dank Markus aus Hamburg auffüllen, der viele verschiedene Werte bei „Kleinanzeigen“ anbietet. Die grundsätzlich noch funktionierenden Papierkondensatoren taten mir dann aber doch zu leid, um diese wegzuwerfen, nur weil sie einen etwas zu hohen Leckstrom haben. Meinen Versuch, sie wieder fit zu machen, habe ich im Beitrag „Papierkondensatoren restaurieren“ dokumentiert. Das ist sicher besser als ein Austausch, da die Schaltungen zum Teil für diese höheren Leckströme ausgelegt sind.

Schließlich habe ich nur noch die vier ECF82 Röhren sowie die Bildröhre eingesetzt und voila, alles funktionierte auf Anhieb tadellos. Jetzt fehlen noch Frontplatte und Gehäuse und am Ende soll die Bildröhre dann mal die Uhrzeit in analoger Form darstellen. Aber das ist ein neues Projekt.

 

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Kabelbaum binden

In älteren Geräten, zum Beispiel Messtechnik, findet man häufig von Hand gebundene Kabelbäume. Darunter ist eine Anzahl Drähten zu verstehen, die mit sogenanntem Bindegarn zu einem stabilen Gebilde zusammengeknotet werden. Diese Variante der Verdrahtung muss manuell ausgeführt werden, ist damit sehr aufwändig und wird deshalb heute im Wesentlichen nur noch in der Luft- und Raumfahrt verwendet. Es gibt verschiedene andere Möglichkeiten Kabelbäume herzustellen wie mit Kabelbindern oder Schläuchen etc. In diesem Artikel geht es aber nur um die ursprüngliche Methode mit Bindegarn. Ich kann mir vorstellen, dass die ersten Kabelbäume für Telefonvermittlungen gefertigt wurden. In jedem Fall waren die Erbauer der analogen Vermittlungstechnik wahre Meister im zusammenknüppern von Drähten.

Grundsätzlich haben Kabelbäume mehrere Vorteile.

  • Die Kabel sind zusammengebunden stabiler.
  • Es wird weniger Platz für die Verkabelung benötigt.
  • Fehler beim Aufbau oder bei der Wartung werden vermieden.
  • Insgesamt ergibt sich eine sehr gute Ausfallsicherheit.

Kürzlich habe ich ein altes Oszilloskop restauriert und musste die fehlenden Kabelbäume wieder ergänzen. Das war der Grund, warum ich mich mit diesem Thema ausführlicher auseinandergesetzt habe. Hier im Bild sieht man das erste Ergebnis und ich bin insgesamt zufrieden damit.

Erste Voraussetzung, selbst einen Kabelbaum zu binden ist das richtige Bindegarn. Früher war das ein gewachstes dünnes Naturgarn, vermutlich Jute, Sisal oder Flachs. Bei sehr alter Telefon-Vermittlungstechnik aus den späten 20er oder 30er Jahren, die ich als Kind ausgeschlachtet habe, findet man solches Garn noch. Heutzutage ist das Material so was ähnliches wie Zahnseide mit sehr viel Wachs. Es gibt nur noch wenige Lieferanten, die Endverbraucher damit beliefern. Unter dem Namen „Abbindegarn“ führt SEGOR-electronics GmbH aus Berlin das in seinem Sortiment. Als „Abbindeschur“ habe ich meinen Vorrat bei Bürklin Elektronik erstanden. Ich empfehle auch dringend, ein explizit für Kabelbäume gefertigtes Bindegarn zu verwenden. Andere Materialien lassen sich bei weiten nicht so gut verarbeiten und sind möglicherweise nicht langzeitstabil.

Auf eine alternative Variante bin ich gestoßen, die mir trotzdem gefällt: Haltbares Garn, vermutlich Sternzwirn wird in heißen Bienenwachs getaucht.

Nun fehlt noch die Kunst des Knotens. Für einen einfachen Start empfehle ich den Vorgaben der FAA, der „United States Federal Aviation Administration“ zu folgen. Diese hat in ihrem „Advisory Circular“ 43.13-1B, Chapter 11 „Aircraft Electrical Systems“ Anweisungen veröffentlicht, die nur zwei Varianten des Bindens enthalten und so einfach und übersichtlich sind.


Quelle: FAA AC 43.13-1B, Chapter 11

Noch ein Tipp: Man kann den Kabelbaum zumindest in zwei Dimensionen auf einem Brett mit kleinen Nägeln aufbauen. Dazu wird an jedem Knick und an jedem Abzweig ein kleiner Nagel eingeschlagen. Die Drähte können dann da entlang gebogen werden, danach wird gebunden. Falls die Form des Baums in die dritte Dimensionen geht, wird es schwieriger und ich würde es direkt im Gerät verdrahten und binden.

Bei mikrocontroller.net findet sich ein Thread, der sich ebenfalls mit der Thematik beschäftigt. Aus diesem Thread stammen die folgenden vielfältigen Varianten für das Knoten Binden. Letztendlich muss man sich für eine Variante entscheiden. Ich habe mich so entschieden:

  • Anfangsknoten: Form A mit Sicherheitsknoten
  • Zwischenknoten: Form B für glatte Oberflächen
  • Schlussknoten: Durchschlungener Schlussknoten

Grundknoten, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49981/Blatt412_Grundknoten.png

Verlängerungsknoten, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49982/Blatt413_Verlaengerungsknoten.png

Anfangsknoten, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49983/Blatt414_Anfangsknoten.png

Zwischenknoten, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49984/Blatt415_Zwischenknoten.png

Schlussknoten, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49985/Blatt416_Schlussknoten.png

Knotenbund, Quelle: www.mikrocontroller.net
/attachment/49986/Blatt418_Knotenbund.png

Der vollständige Thread ist hier: https://www.mikrocontroller.net/topic/64283

 

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Papierkondensatoren restaurieren

In letzter Zeit musste ich bei allen DDR Röhrenradios und anderen Geräten aus der Zeit Ende der 50er bis Anfang der 70er Jahre nahezu alle Kondensatoren austauschen. Das Problem sind immer die Papierkondensatoren des Fabrikats „Koweg“ (Kondensator Werk Görlitz). Im Laufe der Jahre sind diese Kondensatoren gealtert und halten die ursprüngliche Spezifikation, vor allen den Leckstrom nicht mehr ein. Diese habe ich bisher immer gegen langlebige Folienkondensatoren ausgetauscht. Nach meinen Beobachtungen ist das grundsätzliche Problem dieser Kondensatoren die Versiegelung. An den Stirnseiten besteht diese aus so etwas ähnlichem wie PUR-Schaum (Polyurethan Schaum). Dieser zerbröselt aber mit der Zeit und ist bei alten und thermisch beanspruchten Exemplaren gar nicht mehr vorhanden. Der zweite Teil der Versiegelung ist ein Lack, der bei dieser Serie ebenfalls brüchig geworden ist mit den Jahren. Ich vermute es handelt sich um einen Nitrolack. Dies sind die Überbleibsel aus dem letzten Restaurationsprojekt:

Papierkondensatoren

Früher habe ich diese Kondensatoren einfach in den Elektronikschrott gegeben, dieses Mal soll alles anders werden. Der Königsweg jeder Restaurierung ist der Erhalt der originalen Substanz und aus dieser Überlegung entstand ein Plan.

Meine ganz persönliche Theorie ist, dass das Papier hygroskopisch ist. Durch das Problem der schadhaften Versiegelung nimmt das Papier mit der Zeit Feuchtigkeit auf. Da das Papier Isolation und Dielektrikum ist, verändert ein anderer Feuchtigkeitsgehalt die Eigenschaften des Kondensators sehr stark. Also muss man den Kondensator trocknen!

Mir sind zwei praktikable Möglichkeiten der Trocknung eingefallen, im Vakuum oder mit Silica-Gel in einer Trocknungsbox. Silica-Gel  oder auch Kieselgel ist ein Trocknungsmittel, welches man üblicherweise in geschlossenen Behältern verwendet, in welches man das Granulat und die zu trocknenden Dinge hineintut.

Ich habe das Granulat im Internet bestellt und habe eine Variante mit Feuchteindikator gewählt. In diesem Fall bedeutet Orange=trocken, Blau=feucht. Das Granulat kann man im Ofen regenerieren und nahezu unbegrenzt wiederverwenden.

Dieses Granulat kommt jetzt einfach in eine luftdichte Plastikbox.

Darüber kommt ein Küchenpapier und dann die Kondensatoren obendrauf.

Das ganze kommt jetzt über den Winter auf die Heizung, um den Dampfdruck weiter zu erhöhen. Ich habe in der Box eine relative Luftfeuchtigkeit zwischen 5% und 10% gemessen.

Im nächsten Jahr werde ich dann die Kondensatoren messen und sehen, ob sie wieder bessere Kennwerte haben. Außerdem werde ich dann hier beschreiben, wie ich die dauerhafte Versiegelung mache.

 

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